Krefelder Gründerpreis 2021 Jubegood geht neue Wege: Ergotherapie mit Hündin Finja
Krefeld · Judith Koch geht in ihrer Praxis für Ergotherapie neue Wege. Sie sucht noch Fachpersonal.
Von Wolfhard Petzold
„Seit Beginn meiner Ausbildung war es mein Traum, eine eigene Praxis für Ergotherapie so zu führen, wie ich es mir vorstelle“, sagt die staatlich anerkannte Ergotherapeutin Judith Koch. Ihre Vorstellungen sind tatsächlich ungewöhnlich.
Da ist einmal der Ansatz, sich je nach Fall von ihrer ausgebildeten Therapiebegleithündin unterstützen zu lassen. „Finja arbeitet mit mir erfolgreich sowohl in der Praxis als auch zweimal wöchentlich im Stups-Kinder- und Jugendhospiz.“ Doch nicht nur dadurch grenzt sich die 30-Jährige von anderen Fachpraxen bewusst ab. Statt der üblichen Trendfarbe Lindgrün in der Therapie setzt sie als Wiedererkennungseffekt ihrer Praxis auf die Farbkombination aus Blau und Pink. Nicht zuletzt spiegelt sich ihre positive Lebenseinstellung in ihrer Arbeitseinstellung wider. „Ich lache einfach gerne und glaube an die Kraft des Positiven“, sagt die Powerfrau – und lacht. Und zitiert einen litauischen Dichter: „Das Leben lehrt, das Lachen korrigiert.“ So sei auch der Firmenname entstanden. Jubegood stehe für „Du bist gut. Wir sind gut. Alles wird gut.“, erklärt sie ihr Credo, wobei unter der eingetragenen Wortmarke ein Smiley für Aufmerksamkeit sorgt. „Wenn ich in meinem Auto mit Logo unterwegs bin, lächeln mir viele Menschen zu.“
Die Praxis hat sie
am 1. Oktober 2020 eröffnet
Zwei Jahre lang hatte sie immer wieder nach einem geeigneten Standort für ihre Praxis gesucht. Sie sollte citynah und verkehrsgünstig gelegen sein, barrierefrei und die räumlichen Auflagen für die Zulassung erfüllen. Mitten in der Pandemie am 1. Oktober 2020 war es endlich soweit. Jubegood ging gegenüber der Friedenskirche im LCC Medical Center an den Start.
Die Krefelderin, die ihr Abitur am Moltke-Gymnasium gemacht hat, hat nach ihrer Ausbildung zur Ergotherapeutin in verschiedenen Praxen Erfahrung gesammelt. Für einen Arbeitgeber in einer physiotherapeutischen Praxis gründete und leitete sie den Fachbereich Ergotherapie. Das dabei erworbene Wissen half ihr bei der Zulassung und Einrichtung der eigenen Praxis. So wusste sie, dass es etwa ein halbes Jahr bis zur Zulassung dauert. „Mein Therapieansatz deckt alle Fachbereiche der Ergotherapie ab“, berichtet sie. „Wir behandeln physische und psychische Erkrankungen, unter anderem die Folgen von Berufsunfällen, von rheumatischen Erkrankungen, von Schlaganfall, Demenz, Depression und Sucht sowie Leserechtschreibschwäche. „Verhaltens- und emotional gestörte Patienten mit Aufmerksamkeitsdefizit oder Hyperaktivitätsstörung (ADHS) lernen zum Beispiel, sich besser zu konzentrieren und ihre Hyperaktivität zu kontrollieren.“
Finja – eine schlaue Hündin
als Co-Therapeutin
Unterstützt wird Koch bei etwa zehn Prozent ihrer Behandlungen von ihrer ausgebildeten Therapiebegleithündin, einem Puggle-Mix aus Mops und Beagle. „Finja ist fünf Jahre alt und hat mit mir zusammen eine spezielle Ausbildung gemacht“, berichtet sie. Ein Hund wertete nicht, sondern nehme den Menschen wie er ist. Das merken die Patienten sehr schnell, sodass der Hund als Brücke zwischen Therapeut und Patient diene. Die Therapie verlaufe dadurch entspannter und offener, gerade auch bei therapiemüden, ängstlichen und stolpergefährdeten Patienten. So werde bei der Arbeit mit dem Hund die Motivation geweckt, sich zu bewegen.
Besonders effizient sei dessen Einsatz bei Demenzkranken sowie bei Kindern, um Aufmerksamkeit und Konzentration zu erhöhen. Außerdem erfülle der Hund emotionale Bedürfnisse wie Nähe. „Speziell bei Kindern gibt es Erfolge, über die selbst die Ärzte staunen“, berichtet Koch. So habe ein Kind, das unter regelmäßigen epileptischen Anfällen litt, gleichmäßiger geatmet und keine Anfälle gehabt, solange Finja daneben im Bett lag. „Finja ist für mich ein geschätzter Co-Therapeut auf vier Beinen“, sagt ihre Besitzerin, die streng darauf achtet, dass die Regeln und Pflichten für den Hundeeinsatz eingehalten werden (siehe Kasten).
„Ich bin gut ausgelastet und suche händeringend Fachpersonal“
„Die Praxis läuft vom ersten Tag an richtig gut“, berichtet die Inhaberin. Natürlich mache auch ihr Konzept neugierig, das vielfach durch die Presse ging. Aber sie habe schon zuvor durch ihre therapeutische Arbeit überzeugt und einen guten Ruf. Die gute Lage des stadtnahen Standorts zeige sich auch am Patientenzustrom aus ganz Krefeld und Umgebung. „Ich bin gut ausgelastet und suche händeringend Fachpersonal, sowohl Ergotherapeuten wie Praktikanten.“ Ihr Angebot: flexible Arbeitszeiten, Firmenauto oder Job-Bike, Mitauswahl beim Arbeitsbereich und Arbeitskleidung. Schon jetzt trage sich die Praxis. „Ich kann alle Kosten wie Miete, Personal, Lebensunterhalt und Kreditzinsen aus den Einnahmen bestreiten.“ In die Praxiseinrichtung habe sie einen größeren Teil eines Kredits über 80 000 Euro investiert. Allein eine Therapieliege koste etwa 4000 Euro. Beim Erstellen des Business-Plans habe ihr Vater geholfen. Die von Ärzten verschriebenen Behandlungen werden über die Kassenärztliche Heilmittelverordnung abgerechnet. Patientinnen und Patienten kommen auch aus Seniorenheimen oder von Schulen und Kindergärten. Die Corona-Pandemie habe der Existenzgründung nicht geschadet. Zwar hätten die behördlichen Genehmigungen länger als üblich gedauert, aber die Zahl an traumatisierten Patienten mit fehlenden sozialen Kontakten habe bei Jung und Alt zugenommen.