Einzelhandel Am Südwall wird kaum noch eingekauft

Krefeld · Die Drogenszene ist Händlern ein Dorn im Auge. Das Stadtmarketing will mit einem Programm gegen leere Geschäfte und Räume vorgehen.

Viele Händler haben ihre Läden am Südwall verlassen. Laut Studien wird das in der kompletten Innenstadt so weiter gehen.

Foto: Bischof/Andreas Bischof

Karsten Lerch hat die Entscheidung schon getroffen. Mit seinem Staubsauger-Geschäft wird er bald den Südwall verlassen. Nach fünf Jahren ist Schluss. Der Inhaber wird seinen neuen Laden an der Ecke Kölner Straße/Ritterstraße im Südbezirk eröffnen. „Es ist einfach ruhiger geworden in den letzten Jahren“, sagt Lerch: „Die Lage ist nicht mehr so gut. Viele Sozialfälle laufen hier herum. Zudem ist die Parkplatzsituation schwierig.“ Auch hohe Mieten machten ihm zu schaffen.

Andere Händler und Gewerbetreibende haben es ihm schon vorgemacht. In 2019 verließ schon das Bekleidungsgeschäft „Pharmacy“ den Standort. Inhaber Günter Scheffler fragte schon Ende 2017 in einem Gespräch mit unserer Redaktion: „Wie bringt man die Leute dazu, in die City zu kommen? Was gibt es hier in Krefeld eigentlich?“ Eine Kraftanstrengung sei notwendig, um die Innenstadt attraktiv zu machen und halten – im Zeitalter des Online-Handels. Mehrmals hatte er sein Konzept im Laufe der 22 Jahre geändert. Dann gab er auf.

Wer sich auf dem Südwall zwischen Hochstraße und Ostwall einmal umsieht, der sieht den einen oder anderen Leerstand. Abgedunkelte Schaufenster, manche verhangen. Sie trüben die Szenerie. Ein Einkaufserlebnis kommt hier schwerlich auf. Was ins Auge fällt: Kioske, Friseure, Imbisse, Eisdielen, Sportwetten, ein Sonnenstudio.

Von Betreibern, die in der Zeitung nicht genannt werden wollen, hört man auch: Die Drogenszene entlang des Grünstreifens werfe ein schlechtes Licht auf die Umgebung. Immer mal wieder müsse die Polizei anrücken. Nach Aussage von Markus Ottersbach, Geschäftsführer des Handelsverbandes Krefeld-Kempen-Viersen, ist der Südwall kein Einzelfall. „Es gibt dort nicht mehr Leerstand als woanders.“ Ottersbach verweist auf den gravierenden Rückgang im Einzelhandelsgeschäft, etwa 30 Prozent in den vergangenen 20 Jahren. In den nächsten zehn Jahren werde sich der Trend weiter fortsetzen.

Laut einer Studie des Instituts für Handelsforschung, auf die er sich bezieht, ist mit der Schließung von 20 000 Geschäften in NRW in diesem Zeitraum zu rechnen. Auf Krefeld herunter gebrochen hieße das: etwa 350 Läden weniger, allein 200 in der Innenstadt. „Es ist eine marktwirtschaftliche Entwicklung. Die Digitalisierung, der soziodemografische Wandel und die Sättigung der Märkte tragen dazu bei“, so Ottersbach. Dazu noch individuelle Gründe: Standort, Mietpreise, Immobilien.

Lösungsvorschläge gebe es, um die Attraktivität zu erhöhen: Den Einzelhandel zu konzentrieren, statt Händlern auch Wohnnutzung, Dienstleistungen oder kleine Manufakturen zu berücksichtigen. Aber auch Gastronomie und Kultur zu bieten in Krefelds Mitte, um Publikum anzulocken und Aufenthaltsqualität zu bieten.

Das Stadtmarketing hat in Kooperation mit den Wirtschaftsorganisationen bereits mit dem „Zukunftsquartal“ ein Programm für dieses Frühjahr aufgelegt. Beginnend mit dem Gebiet um das Behnisch-Haus, die Fußgängerzonen sollen bald folgen. Mit „Leerstandspartys“ sollen nicht genutzte Ladenflächen als Tanz- und Konzerträume genutzt werden. Ziel sei es, diese Orte als potenzielle Geschäftsideen zu entdecken. In der nächsten Phase sollen Workshops, Vorträge, Begehungen in den Räumen angeboten werden. Dabei soll die Idee, sich „auszuprobieren wollen“, zu konkreten Vorhaben reifen. Dabei soll auch das Format „Fabrikgespräche“ wieder aufgegriffen werden.

Diese Veranstaltung soll ebenfalls in einem leerstehenden Geschäft in der Fußgängerzone stattfinden und mit dem Tag der Städtebauförderung am 16. Mai verbunden werden. Das Projekt endet mit der zeitweisen oder dauerhaften Nutzung als Handels-, Gastronomie-, Arbeits-, Wohn- oder Beherbergungsformat oder einer Kombination aus einzelnen Dingen. Es soll etwas geschehen in der City. Die Händler würden sich freuen.