Stadtentwicklung Dokumentarfilm als Impuls für eine schönere Innenstadt

Krefeld · „Krefeld, was nun? – Die Innenstadt zwischen den Wällen – Identität und Perspektiven“ lautet der Titel einer neuen Ausstellung von Projekt MIK. Ziel ist es, die Kulturhistorische städtebauliche Analyse mehr Bürgern bekannt zu machen.

Der Journalist Helge Drafz sowie Christiane Lange und Rolf Schlue vom Projekt MIK (v.l.) mit der Kulturhistorischen Analyse als Impulsgeber.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Krefelds Innenstadt hat eine historisch gewachsene Struktur – bis auf wenige Ausreißer –, die schon alles für eine moderne Stadt der Zukunft mitbringt. Ihre Besonderheiten sind derzeit nur nicht deutlich und durchgehend sichtbar. Das ist eine wichtige Erkenntnis aus der im Herbst 2021 im Rathaus vorgestellten Kulturhistorischen städtebaulichen Analyse (KHSA). Christiane Lange vom Verein Projekt MIK und der Journalist Helge Drafz sind begeistert von der Studie, die mit ihren 378 Seiten, mit Analysen, Grundrissen, Karten, Fotos und Beispielen, ein sehr umfangreiches Werk ist. Gemeinsam haben Lange und Drafz sich dran gemacht, in einem 53-minütigen Dokumentarfilm die Kernaussagen leicht verständlich und konzentriert aufzubereiten. „Krefeld, was nun? – Die Innenstadt zwischen den vier Wällen – Identität und Perspektiven“ lautet der Titel des Films und der am Sonntag beginnenden dazugehörigen Ausstellung im Schütte-Pavillon.

„Wir wissen alle, dass die Innenstadt von vielen Menschen als problematisch und unattraktiv wahrgenommen wird. Im Gespräch entsteht oftmals der Eindruck, die Leute haben sie aufgegeben und glauben, dass sie nicht mehr zu retten ist“, erläutert Christiane Lange. Es seien vor allem die städtebaulichen „brutalen Eingriffe in die alte Struktur, die der Bauwut der 1950er, 1960er und 1970er Jahre zum Opfer gefallen sind“, führt Helge Drafz weiter aus.

Für Schwanenmarkt-Center Teile der Altstadt aufgegeben

Als markantes Beispiel nennt Drafz den Abriss der Krefelder Urzelle der Innenstadt am Schwanenmarkt für den Bau der Einkaufspassage und des hohen Wohnblocks Schwanenmarkt. Lange und Dafz sind sich sicher, dass es heutzutage für so etwas keine Baugenehmigung mehr geben würde. Auch der Umbau zur Autostadt, beispielsweise mit Verbannung der Fußgänger in Unterführungen oder mit der verbreiterten St.-Anton-Straße, habe die einheitliche Fassung der Stadt (nach dem Rasterprinzip) seit der ersten Stadterweiterung am Ende des 17. Jahrhunderts aufgebrochen. Die bot bis dahin einen Rahmen für nebeneinander mögliches Wohnen, für Handel, Arbeiten und Verkehr in der Innenstadt.

Die Strukturen und historischen Parzellen sind dennoch laut den Verfassern der Studie, den Architekten Claudia Schmidt (MIK Architekten) und Hugo van Velzen sowie dem Planologen und Bauhistoriker Marcel van Winsen (Contrei), in Krefeld noch vorhanden. Sie sprechen von der „Manufactur-Stadt“, die aus der Vergangenheit stammend Leitbild für Krefeld in 50 Jahren sein könne.

„Krefelds Innenstadt hat ein großes Potenzial“, sagen Lange und Drafz überzeugt. Lange, die im Rahmen von Projekt MIK seit Jahren schon die Krefelder Kunst- und Industriegeschichte der Textilindustrie erforscht, brauchte den WDR-Journalisten und Historiker Drafz nicht dazu überreden, gemeinsam einen Dokumentarfilm über die Erkenntnisse der Studie zu drehen. „Anfang Mai sind wir drei Tage lang mit den Architekten der Studie die ganze Stadt abgelaufen, Ende Mai wurde gemeinsam gedreht“, sagt Drafz. Auch er kennt Krefeld aus der Zeit, in der er hier gewohnt hat und ist mit ihrer Architektur und Stadtgeschichte vertraut.

Mennoniten haben das Stadtbild Krefelds stark geprägt

„Bis 1607 war Krefeld mit 350 Einwohnern ein Dorf, dann kamen aus Mönchengladbach/Rheydt 200 Mennoniten hierher, die Unterkünfte brauchen und sie auch bauten“, so Drafz. Zwei schnurgerade, parallele Straßen östlich der (heutigen) Hochstraße bildeten die Grundlage eines orthogonalen Stadtgrundrisses nach niederländischem Vorbild. Alle künftigen Erweiterungen schrieben das Rasterprinzip fort.

In dem Dokumentarfilm kommen neben den Verfassern der Studie auch zur Stadthistorie Christoph Dautermann vom Museum Burg Linn sowie Christoph Wiebe, Pfarrer der Mennonitengemeinde Krefeld, zu Wort. „Wir wollen der Studie dazu verhelfen, die Aufmerksamkeit zu bekommen, die sie verdient – und der Innenstadt einen positiven Impuls geben“, sagt Lange. Um die Bürger in die Innenstadt zurückzuholen und die Aufenthaltsqualität für sie zu erhöhen, auch durch Reduzierung des Autoverkehrs.

Die Ausstellung im Schütte-Pavillon im Kaiserpark wird am Sonntag um 12 Uhr eröffnet und ist drei Monate lang von mittwochs bis sonntags von 12 bis 18 Uhr frei zugänglich. An vier Wochenenden werden dort außerdem Konzerte stattfinden.