Schiedsmann Seit 45 Jahren Ehrenamts-Profi
Krefeld · Schiedsmann Reinhard Kröske wird nicht müde, Streithähne zu schlichten.
Reinhard Kröske macht jetzt das halbe Dutzend voll. Er wurde zum sechsten Mal als Schiedsmann von den Politikern der Bezirksvertretung für den Bereich Stadtmitte wiedergewählt. „Einstimmig“ versteht sich. Der 68-Jährige ist weiterhin mit Engagement dabei, in Verhandlungen zu schlichten und Streithähne zu trennen.
Kröske agiert auf der ersten Etage seines Hauses. „Dort habe ich als gebürtiger Norddeutscher das sogenannte Passat-Zimmer eingerichtet — dort versuche ich, jeden Sturm in eine laue Brise zu verwandeln“, sagt er und lacht. Immer gelinge das nicht. Aber: „In den vergangenen 25 Jahren habe ich 510 Fälle verhandelt und davon 357 geschlichtet. Das sind 70 Prozent Erfolgsquote im Nachbarschafts-, Straf- und Zivilrecht“, erklärt der Ehrenamts-Profi nicht ohne Stolz.
Lehrgänge seien die Grundlage, um richtig handeln zu können. Gesunder Menschenverstand und Verhandlungsgeschick seien aber ebenso wichtig. „Bei mir gibt es keine Verlierer“, sagt Kröske. Er sei Mediator, also dafür ausgebildet, in den außergerichtlichen Streitverfahren zwischen den beteiligten Konfliktparteien zu vermitteln.
In Corona-Zeiten sehen die Zusammenkünfte im „Passat-Zimmer“ anders aus, als sonst: „Auch bei mir gilt die AHA-Formel: Abstand wahren, auf Hygiene achten und beim Betreten und Verlassen des Hauses eine Alltagsmaske tragen.“ Die Teilnehmerzahl sei darüber hinaus begrenzt, pro Partei sind nur zwei Personen zugelassen. Beim Eintritt würden die Hände desinfiziert und jeder bringe seinen eigenen Kugelschreiber mit.
„Eigentlich wollte ich Schöffe werden“, erzählt der Mann, der angibt, ein Ehrenamts-Fan zu sein. Doch der gebürtige Ratzeburger, der in Travemünde aufgewachsen ist und als Berufssoldat gearbeitet hat, lebte damals dafür noch nicht lange genug in Krefeld. „Also kam das Angebot, als Schiedsmann tätig zu sein.“
Es gebe auch nach so langer Zeit immer wieder neue Fälle, es werde ihm nie langweilig, sagt er. „So ging es jetzt um die Totenruhe. Die neue Freundin eines geschiedenen und mittlerweile verstorbenen Mannes, wollte ihm Blumen aufs Grab setzen, die regelmäßig von der Exfrau von der Familiengruft beseitigt wurden. Der Vater des Mannes, auch Besitzer der Gruft, entschied beim Schiedsmann-Termin, dass die Blumen bleiben sollen. Der neuen Frau wurde eine Stelle des Grabes dafür zugewiesen. Als der Vater verstarb, ging die Geschichte wieder los. Doch der Wille reicht über den Tod und muss akzeptiert werden. Auch von der Ex-Frau.“ Der Schiedsmann-Vergleich an sich ist stets das Ziel der Verhandlung. Er gilt 30 Jahre und länger.
Ein anderer Fall aus der Vergangenheit ist ihm besonders in Erinnerung geblieben: „Die Geschwister einer temperamentvollen Familie hatten Streit. Zehn Personen waren daran beteiligt. Dieser Familienzwist konnte nicht geschlichtet werden. Ich habe nur gedacht: Hallo, hier geht‘s ja richtig ab.“