Ärger und Verständnis bei Fahrgästen So lief der Streik im ÖPNV in Krefeld

Krefeld · Das ganz große Chaos blieb in Krefeld aus. Dennoch standen einige Fahrgäste unsicher an den Haltestellen. Die Gewerkschaften sind zufrieden und sprechen von „Nadelstichen“.

Kundgebung am Von-der-Leyen-Platz: Rund 350 Beschäftigte demonstrierten.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Zwar war der Streik im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) bereits angekündigt. Einige Fahrgäste stehen am Mittwochmorgen dennoch verwirrt und ratlos an den Haltestellen. Die Straßenbahnen können aufgrund des Warnstreiks von Verdi und der Nahverkehrsgesellschaft (NahVG) vor den geplanten Tarifverhandlungen nicht fahren. Die Stadtwerke Krefeld (SWK) haben aber einen Notbetrieb mit Bussen für die Linien 041, 042, 043 und 044 eingerichtet. Dafür fallen die Krefelder Buslinien komplett aus.

Diese werden beispielsweise von Martina Terhoeven vermisst. Die 53-Jährige ist mit dem Zug von Kempen nach Krefeld gefahren, um nun ihre Tochter zu besuchen. An der Bushaltestelle vor dem Krefelder Bahnhof bemerkt sie, dass die 057 nicht fährt. „Damit habe ich nicht gerechnet“, sagt sie, hat aber gleich einen Alternativplan parat. Mit der 044 will sie bis zur Haltestelle Grabeskirche fahren und dann zur Kempener Allee laufen. Schwieriger gestaltet sich die Situation für eine ältere Frau mit Rollator, die nicht namentlich  genannt werden möchte. Sie habe einen Termin im Krankenhaus Maria Hilf, das per Bus 052 drei Haltestellen entfernt liegt. Mit der U-Bahn 70 oder 76 kann sie den Weg etwas verkürzen, dennoch wird er etwas beschwerlicher.

Pendler haben Verständnis für
die Forderungen der Fahrer

Die Schülerin Chiara Liptow will mit der 057 zu ihrer Schule, dem Berufskolleg Vera Beckers fahren. Die 21-Jährige ärgert sich darüber, dass der Ausfall durch den Streik nicht an der Haltestelle angezeigt wird, sie warte bereits seit einer Stunde. Glücklicherweise starte ihr Unterricht heute später. „Ich verstehe zwar die Streikenden, finde aber, dass eine so wichtige Buslinie wie die 057 nicht ausfallen sollte“, sagt sie. Mohamad Alnatour findet es zwar etwas ärgerlich, dass er nicht wie gewohnt mit der 052 nach Fischeln fahren kann, zeigt aber Verständnis: „Ich verstehe, dass die Busfahrer mehr Geld brauchen. Alles ist teurer geworden.“

Die höheren Kosten sind für die Gewerkschafter aber nicht der entscheidende Grund, die Arbeit niederzulegen. Sie fordern auf der Kundgebung vor dem Krefelder Rathaus höhere Gehälter aufgrund ihrer Arbeitsbedingungen. Daniela Alkier und ihre Kollegen Sobisz Jaroslaw und Haxhi Abazi berichten, dass durch hohen Personalmangel die Dienstzeiten teilweise sehr lang seien. Sie sprechen von zwölf Stunden mit langer, schlecht nutzbarer Pause. Zudem kämen am Ende einer Schicht häufig keine Ablösen. Fahrgäste würden sich zunehmend respektlos verhalten, beispielsweise den Mittelfinger zeigen, wenn die Türen nicht mehr geöffnet werden können. Der Autoverkehr in der Stadt nehme nicht nur stetig zu, auch würden Autofahrer sich im Straßenverkehr immer rücksichtsloser gebaren: Etwa indem ein Bus bei geöffneten Türen zum Gehweg hin rechts überholt würde und damit die aussteigenden Fahrgäste gefährde.

Alkier darf als sogenannte Kombi-Fahrerin Bus und Bahn steuert. Seit drei Jahren arbeitet sie bei der SWK mobil. Auf die Frage, wer den Notbetrieb fährt, erklärt sie bedauernd: „Das sind unsere Subunternehmer. Sie dürfen leider nicht streiken. Es wäre natürlich besser, wenn alle zusammenstehen könnten.“ Die bei Subunternehmen angestellten Fahrer dürfen aufgrund ihrer Tarifverträge nicht am Warnstreik teilnehmen, erklärt Verdi-Vorsitzender Dominik Kofent. Für das Streikziel – „das Setzen eines Nadelstichs“ – hält er den Notbetrieb aber nicht für nachteilig. Die Streikbeteiligung von rund 60 Verdi-Busfahrern sei gut gewesen und die Gewerkschaft sei bei weiterem Scheitern der Tarifverhandlungen „noch zu mehr imstande.“ Bei der Nahverkehrsgewerkschaft (NahVG) sei die „große Anzahl“ von circa 130 Gewerkschaftsmitgliedern dem Streikaufruf gefolgt, sagt der Krefelder Ortsvorsitzende Hauke Engels. Ein zweiter Erfolg sei die erstmalige Zusammenarbeit von Verdi und NahVG in Krefeld gewesen – „die Grabenkämpfe wurden beigelegt“.

SWK: Takt der Straßenbahnen
fast überall eingehalten

Die SWK teilen mit, dass der Notbetrieb gut funktioniert habe und der übliche Straßenbahntakt fast überall angeboten werden konnte. „Die Busse der Linie 042 auf dem Weg nach Elfrath und die Busse der Linie 044 nach Linn konnten durch notwendige Umwegfahrten die Fahrplanzeiten nicht immer einhalten. Die Linie 041 ist außerplanmäßig wegen der Demonstration der Streikenden in Richtung Innenstadt auf der Fahrtstrecke zwischen 9.19 und 10.35 Uhr ausgefallen“, teilt eine SWK-Sprecherin mit.