Poetry-Slam kommt in die Kirche

Florian Wintels, Jean-Philippe Kindler und Luca Swieter treten in St. Bonifatius mit ihren Interpretationen vom Wert der Arbeit auf.

Foto: Andreas Bischof

Was ist der Wert von Arbeit? Diese Frage stellten sich die Pfarrei Maria Friede aus dem Krefelder Süden und die Pfarrgemeinde Heilig Geist gemeinsam mit drei überregional bekannten Poetry-Slammern. Zwei Welten, die wohl eher selten aufeinander treffen. Das Programm „Kirche im neuen Format“ der beiden Gemeinden kombiniert den Diskurs über gesellschaftlich relevante Themen in einer kreativen Art und Weise mit den herkömmlichen Inhalten eines Gottesdienstes. Ziel des Formats ist es, mit den gewohnten Abläufen zu brechen, um eine zwanglose Atmosphäre zu schaffen, die den kirchlichen Inhalt für jeden Interessierten zugänglich macht.

Somit traten in der Kirche St. Bonifatius Florian Wintels, Luca Swieter und Jean-Philippe Kindler mit ihrer lyrischen Aufbereitung und Interpretation vom Wert der Arbeit auf. Ihre Auftritte wurden im Vorfeld vom bekannten Krefelder Wortkünstler Johannes Floehr arrangiert, der als Moderator das Publikum durch den kurzweiligen Abend führte. Jeder Slam sei einfach ein „Festival der Sprache“, so Floehr. Zudem erhoffe er sich von den Auftritten seiner Kollegen schlussendlich auch, dass die Krefelder Szene weiterhin wächst.

Dass die Interpretationen des Wertes von Arbeit höchst vielschichtig sein können, bewiesen die Künstler, indem sie zwei grundverschiedene Ansätze wählten. Während Wintels und Kindler sich auf einer politischen Ebene kritisch mit Phänomenen wie prekärer Beschäftigung und Niedriglöhnen sowie dem realen Wert von Arbeit im Schatten monetärer Faktoren auseinandersetzten, fokussierte sich Swieter auf jene Arbeit, die sich hinter der Liebe verbirgt. Im direkten Kontrast zu der von ihren Kollegen adressierten Lohnarbeit gehe es bei dieser nämlich „um kotzen und putzen, nicht um Kosten und Nutzen“, so eine Passage aus Swieters Gedicht.

Generell zeichneten sich alle Beiträge durch eine gesunde Mischung von Humor und Ernsthaftigkeit aus, die das Publikum nicht selten in tosenden Applaus verfallen ließ. So auch in Folge des Beitrages von Jean-Philippe Kindler, dessen Slam „Mindesthohn“ nicht zuletzt eine Reaktion auf die derzeitige politische Haltung hinsichtlich Arbeit und Beschäftigung war. Irritiert habe er die jüngsten Sondierungsgespräche verfolgt und mit Wut vernommen, dass wohl selbst für den Mindestlohn kein allgemeiner Konsens mehr bestehe. So sei schließlich ein Text entstanden, der diese Entwicklung entschieden anprangert.

Anne Hermanns-Dentges, Koordinatorin der „Kirche im neuen Format“, will auf diese Missstände hinweisen und sie mit einer christlichen Deutung unterlegen. „Der christliche Glaube darf sich nicht hinter verschlossenen Türen vor der Wirklichkeit verstecken“, befindet Hermanns-Dentges.

Daher sei es auch Aufgabe der Kirche, die Arbeitsverhältnisse in den gesellschaftlichen Diskurs zu bringen. Durch die Auftritte der drei Slam-Poeten, die nach ihren Slams zum Thema Arbeit noch je einen weiteren im Freistil präsentierten, konnte bereits ein breites Spektrum an Menschen verschiedener Altersklassen erreicht werden. Besonders interessant sei es gewesen, die Perspektive einer jüngeren Generation auf die Welt zu erfahren, so Hildegard Rother-Hausen, die sich sonst vorrangig für den Umgang mit der Sprache beim Poetry-Slam begeistere.

Auf die Vorträge der Slammer folgte schließlich eine kurze gottesdienstliche Abrundung des Abends, die in einer gemütlichen Zusammenkunft mit Kuchen und Getränken mündete, in der auch der Austausch über die zuvor angesprochenen Themen zu keinem Zeitpunkt abriss. Der Erfolg des Formats scheint sich bestätigt zu haben.