Ringen Aline Focken über ihre "Punktlandung"
Aline Focken hat ihren siebten DM-Titel bei den Frauen gewonnen. Ihr Fokus ist aber auf die Olympischen Spiele in Rio gerichtet.
Krefeld. Es ist 2016, und Aline Focken ist fokussiert. Dieses Jahr ist ein Olympiajahr, und abseits der Sportbereiche, wo das große Geld regiert, gibt es für Athleten nach wie vor nichts Größeres als die Teilnahme an Olympischen Spielen. Diese gegebenenfalls noch mit Edelmetall zu krönen, ist die Erfüllung eines Sportlertraums.
Ein Traum, für den die 25-jährige Ringerin seit gut acht Monaten — im September sicherte sie sich als WM-Dritte in Las Vegas (USA) das Olympia-Ticket — hart arbeitet. Und obwohl ihr Trainingsfahrplan auf die Spiele in Rio de Janeiro (Brasilien) ausgerichtet ist, hat Aline Focken es sich nicht nehmen lassen, am Wochenende bei den Deutschen Meisterschaften in Freiburg ihren siebten Deutschen Meistertitel abzuholen.
„Als Mitglied des Nationalkaders sollte man auch bei den Deutschen starten, wenn es passt“, sagte die Krefelderin. Dass es passte, hat sie ihrer frühen Olympia-Qualifikation zu verdanken. Die deutschen Olympia-Teilnehmerinnen Nina Hemmer (Ückerath), Luisa Niemesch (Weingarten) und Maria Selmaier (Jena) nahmen sich nach den kräftezehrenden Qualifikationsturnieren für Rio eine Auszeit und gingen in Freiburg nicht an den Start.
Dass sie in Deutschland in der Gewichtsklasse bis 69 Kilogramm die unumstrittene Nummer eins ist, unterstrich Aline Focken eindrucksvoll. Sie gewann ihre Kämpfe gegen Beate König (Ehningen), Melina Baudendiestel (Weingarten), Kim Riesterer (Freiburg-Haslach) und Franziska Berger (Berlin) allesamt vorzeitig.
Trotzdem ist ihr siebter DM-Streich für sie kein Titel im Vorbeimarsch: „In so einem Turnier ist alles möglich. Ich nehme jedes ernst“, so Focken. Als große Favoritin könne man eben wenig richtig, dafür aber sehr viel falsch machen.
Die Herausforderung bei der DM war für Aline Focken dieses Mal eine andere — die 69-Kilogramm-Grenze nicht zu überschreiten. Während es bei Grand-Prix-Turnieren eine „Plus zwei Kilo“-Toleranz gebe, darf man sich bei einer DM wie bei Olympischen Spielen kein Gramm zu viel erlauben.
„Vor Rio zu sehen, dass ich das hinbekomme, war wichtig“, so die Krefelderin. Und da sie jedes Mal eine „Punktlandung“ hinlege — in Freiburg mit 68,8 Kilo — macht es durchaus Sinn, den Ernstfall nicht erst in der rund fünftägigen Vorbereitung in Rio zu proben — damit es unter dem Zuckerhut zu keinen unliebsamen Überraschungen kommt.
Ob es bei Olympia letztlich zu Edelmetall reichen wird, lässt sich ob der Unwägbarkeiten des Sports nicht vorhersagen. Aber Aline Focken wird sich kaum vorwerfen lassen müssen, nicht alles für ihren großen Traum getan zu haben. Seit Anfang Mai ist die Sporttherapeutin von ihrem Arbeitgeber freigestellt.
Wenn nicht Trainingslager und Turniere anstehen — am Wochenende geht es nach Kanada, Spanien und Finnland stehen vor Rio auch noch auf dem Reiseplan — trainiert sie am Bundesstützpunkt Dormagen oder beim KSV Germania in Krefeld. Dort ausschließlich mit männlichen Sparringspartnern.
Die Weltmeisterin von 2014 freut sich auf ihre Olympia-Premiere. Dass sie das Ticket so früh in der Tasche hatte, sei ein Vorteil: „Quali-Turniere sind heftig. Das ist mit psychischem Stress und viel Reiserei verbunden. Ich bin froh, den entspannteren Weg zu haben. Die Wettkampfpraxis hole ich mir bei anderen Turnieren.“
Die Teilnahme an den Spielen 2012 blieb Aline Focken noch verwehrt, weil sie den alles entscheidenden Halbfinalkampf beim letzten Qualifikationsturnier in Finnland verlor. Dieses Mal konnte sie die Vorbereitung seit September komplett auf Olympia abstimmen.
Den Fokus derart früh auszurichten, mag sich am Ende auf dem Treppchen auszahlen. Am Abend des 17. August wird der Fokus wieder ausgestellt. An diesem Tag hat Aline Focken ihren großen Auftritt in Rio.