Handball Regel-Wirrwarr lässt Oppum hoffen

Krefeld · Sieben Handball-Klubs legen Einspruch gegen Abstiegsregelung wegen Ungleichbehandlung der Oberliga Niederrhein ein.

Frederick Küsters (weiß-grünes Trikot) ist Spieler, Team-Manager und Geschäftsführer des TV Oppum.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Ein erster flüchtiger Blick in die über 80 Seiten umfassenden Anlagen der Durchführungsbestimmungen des Handball-Verbandes Nordrhein für die Spielzeit 23/24 ist einfach erschlagend. Selbst ein vermeintlich gemütlicher Abend auf dem Sofa reicht kaum, um die vielen Eventualitäten des Auf- und Abstiegs wegen der bevorstehenden Ligenreform des Verbandes zu verstehen. Darin sind sich die Vereinsvertreter in den noch bis Sommer existierenden alten Verbänden des Nieder- wie Mittelrheins einig – doch nun kommt es durch Oberligavereine vom Niederrhein zum Einspruch. Entscheidungen werden womöglich am Grünen Tisch gefällt. Denn bei genauerer Betrachtung des Schriftstückes entdeckten schon um die Weihnachtszeit Vereinsvertreter des TB Wülfrath eine aus sportlicher Sicht höchst fragwürdige Lücke im Regel-Wirrwarr: Demnach gibt es in der Oberliga Mittelrhein keine Absteiger. In der gleichrangig und parallel laufenden Oberliga Niederrhein müssen gleich zwei Vereine absteigen.

Clubs holen sich Fachanwalt Helge-Olaf Käding ins Boot

In kürzester Zeit solidarisierten sich sechs Klubs mit Wülfrath, um gegen diese auf den ersten Blick nicht erkennbare und unfaire Auslegung der Regularien vorzugehen. Allen Vereinen gemeinsam war damals die pure Angst um den Klassenerhalt. Aus dem hiesigen Raum schlossen sich der TV/DJK Oppum, die Turnerschaft St. Tönis, der TV Lobberich und der TSV Kaldenkirchen zusammen. Hinzu kamen der Neusser HV, wie die HSG Hiesfeld-Aldenrade. Einen Spieltag vor dem Saisonende stehen Neuss und Oppum als Absteiger fest. Ungeachtet dessen holten sich die sieben Klubs den Mindener Rechtsanwalt Helge-Olaf Käding an Bord, der sich als Experte für Handballrecht versteht und bundesweite Anerkennung genießt. Der 54-Jährige zählt Bundesligavereine, Nationalspieler und Berufshandballer zu seinen Mandanten. Der Anwalt, als Verfahrens-Bevollmächtigter der sieben Klubs, hat bereits am 12. April beim Vorsitzenden des Landesspruch-Ausschusses des Handball-Verbandes, Jochen Ohliger, schriftlich beantragt „die bestehende Abstiegsregelung der Oberliga/Männer wird für ungültig erklärt“.

In dem sieben Seiten langen Schriftstück, das der WZ vorliegt, begründet Käding den Einspruch, fordert den Verband auf, „die Abstiegsregelung Oberliga/Männer nach der Rechtsauffassung des Gerichts bzw. unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgrundsatzes neu zu fassen.“ Im Hinblick auf die Abstiegsregelung sollen beide Oberliga-Staffeln gleichbehandelt werden. Es soll gar keine Absteiger geben. Hans Dau, Obmann der Turnerschaft St. Tönis, hofft in 14 Tagen eine Entscheidung auf dem Tisch zu haben: „Obwohl wir sportlich nicht mehr betroffen sind, ist die Solidarität unter den Vereinen immens. Es ist nicht zu verstehen, warum diese unfaire Festlegung getroffen wurde und dies vor allem im Regelwerk nicht klar erkenntlich ist.“ Pikanterweise hatte der Verband noch unmittelbar vor dem Saisonstart die Abstiegsregelung in der Verbandsliga aufgehoben, um Härtefälle zu vermeiden, die Oberliga Niederrhein wiederum wurde übersehen. Profitieren von der Aufhebung des Abstiegs würde neben Neuss eben der TV/DJK Oppum.

Frederick Küsters, Spieler, Team-Manager und Geschäftsführer in Personalunion ist gespannt: „Der TV Oppum hat alles dafür getan, sportlich den Klassenerhalt zu sichern. Darum haben wir unsere Mannschaft erst vorgestern über den Einspruch informiert, um keine Verwirrung in den Köpfen der Spieler zu schaffen. Aber ich hätte mir eine charmantere Lösung vorstellen können.“ Küsters sieht der Entscheidung hoffnungsvoll entgegen, um Planungssicherheit zu erhalten: „Bei allem Respekt gegenüber anderen Vereinen: Doch wenn der Verband tatsächlich an der Abstiegsregelung festhält, spielen wir zukünftig gegen Gegner, die sich derzeit noch drei Ligen tiefer in der Bezirksoberliga befinden.“

Der Sprung über mehrere Ligen hinweg ergibt sich aus zukünftigen Streichung der Landesliga. Allein acht Bezirksoberligisten würden aktuell in die dann sechs Staffeln umfassende Verbandsliga aufsteigen. Zur Novellierung der Ligenstruktur ist der Nordrhein-Verband gezwungen, weil er die Regularien des Deutschen Handball-Bundes einhalten muss. Denn ab August soll es bundesweit nur die dreistufige Ligenstruktur aus Regionalliga, Oberliga und Verbandsliga geben. Vorbereitet ist Oppum auf alle möglichen Eventualitäten, selbst eine noch schnell einberufene Relegationsrunde wäre möglich. Die einfache Lösung wäre allerdings die Aufstockung der Oberliga um zwei Teams für ein Jahr, die dann mit einem erhöhten Abstieg gleich wieder ausgeglichen werden könnte.