Schicksal Lobinger: Krebs berührt jede Facette des Lebens
Der einstige Leichtathletik-Star spricht beim 2. Krefelder Krebstag — sein Credo: Kämpfen, nie aufgeben.
Es ist sein Motto. So war es früher, so lautet es auch heute noch beim ehemaligen Stabhochspringer Tim Lobinger. „Fight“ steht auf dem schwarzen Hemd, mit dem eines der bekanntesten Gesichter der deutschen Leichtathletik zum Vortrag im Helios-Klinikum erscheint. Kampf, oder auch: Kämpfen! Nie aufgeben, sich nicht unterkriegen lassen von der schweren Krankheit.
Tim Lobinger hat Blutkrebs. Eine sehr seltene und aggressive Form der Plasmazellen-Leukämie. „Ich möchte den Leuten Hoffnung geben, aber auch die Augen öffnen, dass sie auch den Kampf gegen den Krebs in Würde führen können“, sagt der 46-Jährige, „Krebs berührt jede Facette des Lebens.“ Zu seiner aktiven Zeit war er ein Popstar, ein Modellathlet. Er nahm im Training eher noch einen zusätzlichen Sprung als einen zu wenig. Sein Körper, ein Symbol des Funktionierens, der Gesundheit.
Doch schon im Herbst 2016 veränderte sich sein Leben. Grippesymptome, andauerndes Schwächegefühl, Nasenbluten. Lobinger, der Athletiktrainer von RB Leipzig, dachte zunächst an Überlastung, er machte weiter. Das Joggen fiel ihm immer schwerer, auf dem Ergometer war nach wenigen Minuten Schluss. Der Körper machte nicht mehr mit. Lobinger ging zum Arzt. Die Diagnose Leukämie erhielt er am 3. März 2017. „Da bleibt die Welt erst einmal stehen“, sagt er. Er macht fünf Chemotherapien, eine Stammzellentransplantation, er hat auch einen Stammzellenspender gefunden. Im Januar 2018 werden erneut mutierte Zellen gefunden. Der Kampf geht weiter.
In seinem Buch „Verlieren ist keine Option“ schildert er eindringlich seine Leidenszeit, das Hoffen und Bangen um seine Zukunft, die der Familie, seinen Kampf gegen den Krebs. Heute fühlt er sich gut, so sagt er. Stabile Blutwerte. „Blutkrebs schüttelt man nicht so einfach ab“, sagt er. Lobinger hat einen Weg gefunden, mit seiner Krankheit zu leben, ihr zu begegnen. Diese Haltung möchte er weitergeben, den Kampf aufzunehmen, als Vorbild dienen, Mut machen. Er vergleicht es mit seinen früheren Vorbereitungen und Wettkämpfen im Stabhochsprung. Tim Lobinger hat den Ärzten und Experten vertraut. „Die Schulmedizin ist im Krebsfall die einzige Chance ein Leben zu verlängern. Ich habe mir gesagt: Mit dem Krebs muss ich jetzt einfach leben“, sagt er. Er erhält klare Ansagen in seiner Therapie. „Als Sportler waren es die Verletzungen. Ich habe mir auch während der Krebs-Behandlung sofort Etappenziele gesucht, um schnell gesund zu werden.“ Wie früher vor seinen Wettkämpfen. Gesundheitliche Fortschritte seien nun wie Medaillen für ihn. Diese Mentalität habe ihm geholfen.
Disziplin, Verzicht, das kennt er noch aus dem Sport. Lobinger ist Trainer geblieben. Er betreut in München Sportler wie Hockeyspieler, Schwimmer oder Skifahrer wie Linus Strasser. „Ich wollte mich immer in die Normalität zurück kämpfen, wollte immer lebendig statt krank wirken.“
Der frühere Stabhochspringer und Familienvater wirkt beim PR-Termin lebensfroh, motiviert, steht wieder voll im Leben, ist so gut wie Vollzeit beschäftigt. Lobinger appelliert daran, regelmäßige Vorsorge zu betreiben: „Schon ab 40 Jahren ist es empfohlen. Aber auch bei der Nachsorge sind viele faul. Bei vielen hat es wohl auch mit Verdrängung zu tun.“ Noch ist der Krebs in ihm. Er sagt: „Krebs-Zellen sind wie Schläfer. Es geht darum, sie im Zaum zu halten. Leukämie lässt man nicht so einfach hinter sich. Man würde es aber bei mir im Alltag nicht mitbekommen.“