Schwimmen/Steffen Driesen: Zwei Chancen für ein Ticket
Der Uerdinger kämpft in Berlin um die Olympia-Teilnahme.
Uerdingen. Wenn Samstag, gegen 15.30 Uhr, bei den 120. Deutschen Schwimm-Meisterschaften in der Berliner Schwimm- und Sprunghalle der Startschuss zum 100-Meter-Rücken-Finale der Männer fällt (live im ZDF), sind für Steffen Driesen vom SV Bayer 08 Uerdingen alle Mühen der Vorbereitung auf eines der wichtigsten Rennen seiner Karriere vergessen. In knapp 55 Sekunden entscheidet es sich, ob der 26-Jährige zu den Medaillengewinnern gehört, und, was noch viel wichtiger ist, ob er sich für die Olympischen Spiele in Peking qualifiziert. Denn die Bedingungen sind knallhart. Wie Anne Poleska, muss auch der Uerdinger (Bestzeit 54,17 Sekunden) die Norm (54,92 Sekunden) schaffen und mindestens Zweiter werden.
"Drei gute Schwimmer kämpfen um die zwei Tickets. Ich hoffe, dass ich mir eines davon abhole", sagt Steffen Driesen, dem vor allem Thomas Rupprath im Nacken sitzt. Denn Helge Meeuw ist "unschlagbar" und quasi gesetzt. Driesen: "Es kommt auf so vieles an. Tagesform, die bessere Technik beim Start oder bei der Wende. Es wird wohl ganz eng."
Viel diskutiert wird in Berlin auch über das Material der Schwimmanzüge. Thomas Rupprath steht beim australischen Hersteller Speedo unter Vertrag, mit dessen neuem "Wunderanzug" LZR Racer in den vergangenen zwei Monaten 18 der 19Weltrekorde auf der Langbahn aufgestellt wurden. "Wir haben den Anzug getestet. Damit sind wirklich schnellere Zeiten möglich. Leider darf Steffen ihn bei der DM nicht tragen, da er bei Adidas unter Vertrag steht. Ich hoffe nicht, dass die Fahrkarte nach Peking über das Material entschieden wird", gibt sich Driesens Trainer Henning Lambertz ein wenig skeptisch. Speedo hat nach eigenen Angaben mehrere Millionen Euro und drei Jahre in die Entwicklung des neuen Anzuges investiert, an der auch die US-amerikanische Weltraumbehörde Nasa beteiligt war.
Steffen Driesen wirkt in den Tagen vor Berlin gewohnt locker und gut gelaunt. "Ich habe mir in der Vorbereitung nichts vorzuwerfen. Gesundheitlich ist alles okay. Ich bin frei von Verletzungen geblieben. Die Ergebnisse der vergangenen Wettkämpfe machen mich zudem optimistisch, dass ich in Berlin im Bereich meiner Bestzeiten schwimmen kann."
Chancen auf eine Olympiaqualifikation rechnet er sich auch über die 200 Meter Rücken aus, die am Dienstag auf dem Programm stehen. Einen Tag vorher bestreitet er noch die 100 Meter Freistil und die 50 Meter Rücken. Diese Rennen dienen aber in erster Linie dazu, zwischen den beiden wichtigen Rückenwettbewerben, in denen er sich etwas ausrechnet, nicht einzurosten.
Sollte es mit Peking wider Erwarten nichts werden, will Driesen die Flinte nicht ins Korn werfen. "Ich schwimme jetzt zehn Jahre in der Nationalmannschaft und war schon zweimal bei Olympia. Es macht mir aber auch nach dieser langen Zeit immer noch genauso viel Spaß wie am Anfang. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass ich 2012 eine weitere Olympiateilnahme anstrebe", sagt der Krefelder, der einen Großteil seiner Kraft aus der engen Beziehung zu seiner Familie bezieht.
Wie bei allen großen Events der vergangenen zehn Jahre werden auch diesmal seine Eltern wieder auf der Tribüne sitzen, und auch Freundin Kathrin wird Steffen Driesen vor Ort die Daumen drücken, damit sich der Traum von seiner dritten Olympiateilnahme erfüllt.