SV Bayer Uerdingen 08 Rainer Hoppe: „Wir konnten die Mannschaft nicht im Stich lassen“
Uerdingen. · Nach dem kurzfristigen Abschied von Trainer Milos Sekulic muss die Uerdinger Wasserball-Legende in die Bresche springen und übernimmt übergangsweise den Posten. Die Probleme fangen aber schon beim Verband an.
Kaum einer hat den deutschen Wasserball so geprägt wie er: Mit 1324 Treffern ist Rainer Hoppe noch immer der Rekordtorschütze der Bundesliga, bei Olympia 1984 gewann er mit Bronze die bis dato letzte deutsche Wasserball-Medaille. Er spielte bei Duisburg, Wuppertal, Düsseldorf und Uerdingen, machte die Sportart damals im Westen mit erfolgreich. Doch die Kräfteverhältnisse haben sich mittlerweile verschoben. Als langjähriger Abteilungsleiter des SV Bayer Uerdingen 08 weiß Hoppe, wovon er redet, wenn er sagt: „Trainer werden mit Druck abgeworben und alles konzentriert sich auf die Top-Vereine aus Hannover und Berlin. Der Spielermarkt hier im Umkreis ist leer und es fehlt an Nachwuchs.“
Die derzeitige Situation beim SV Bayer 08 ist daher sinnbildlich. Über Jahre war Trainer Milos Sekulic im Verein tätig, förderte die Jugend und coachte zuletzt auch die Herren-Mannschaft. Für die Region war aber vor allem seine Arbeit am Stützpunkt NRW von enormer Bedeutung. Doch ab dem 31. Januar 2020 ist Sekulic weg, wechselt zum Bundesstützpunkt nach Berlin und nimmt bei Rekordmeister Spandau einen Trainerposten ein. Hoppe: „Wir haben natürlich versucht, dem entgegenzusteuern, aber es ging nicht. Wir hätten uns gewünscht, dass er diese Saison zu Ende macht, aber der Druck aus Berlin und vom Verband war sehr hoch. Das verstehe ich persönlich einfach nicht.“
Das Training von Kaderathleten in NRW wird nun durcheinandergewirbelt, ohnehin werden Talente aus der Region bewusst zu Waspo Hannover oder Spandau Berlin geschickt. Spielzeit bekommen dort aber nur die wenigsten, die Top-Vereine setzen lieber auf externe Spitzenspieler aus ganz Europa. Und so fehlt es in der Region in NRW an hochwertigem Nachwuchs, der den Vereinen das Leben schwer macht. „Wir haben hier im Umkreis mehrere Vereine, aber der Markt ist klein. Alle stehen in Konkurrenz und wenn man unsere Philosophie hat, wird es schwierig.“ Bayer bleibt dabei und lockt die Spieler vor allem mit beruflichen Perspektiven im Gesamtverein. Exorbitante Gehälter, wie es andere Vereine tun, will und wird Bayer nicht zahlen.
Das versichert Hoppe, der sein Amt als Wasserballwart des DSV im Oktober niedergelegt hatte und sagt: „Wir bemängeln die fehlende Breite, aber alles wird nach Ostdeutschland abgeworben. Nachwuchs-Athleten werden in Vereine entsandt, wo sie keine Spielzeit bekommen. Wir reden hier über einen Bundesstützpunkt, bei dem in vielen Teilen ausländische Spieler ausgebildet werden.“ Für Rainer Hoppe erstickt diese Denkweise die Konkurrenz und ist ein „Verstoß gegen den Grundsatz des Sports.“
„Wir wollen nicht Trainer aus Verträgen herausholen“
Und so muss Bayer nun gezwungenermaßen einen neuen Trainer suchen und das in einem ohnehin schon schwierigen Jahr des Umbruches. Zunächst einmal werden Hoppe und Tim Wollthan an der Seitenlinie stehen. Wie lange, ist noch unklar. Fakt ist: Einen neuen Übungsleiter zu installieren, wird extrem schwierig. „Wir sind in Gesprächen, aber aktuell auch einfach gebunden, wir können und wollen nicht Trainer aus laufenden Aufgaben herausholen. Es war nicht mein Wunsch, noch einmal Trainer zu werden, aber wir konnten die Mannschaft nicht im Stich lassen und wollten ein Zeichen setzen, dass wir für sie da sind“, sagt Hoppe. Die Situation bei Bayer sei die Konsequenz aus der Entwicklung des deutschen Wasserballs und für Hoppe nur das „i-Tüpfelchen“ auf eine Philosophie von Verbänden und Vereinen, „die man deutlich hinterfragen muss.“