Migration Viele „Baustellen“ in der Flüchtlingshilfe

Krefeld · Der Flüchtlingsrat wünscht sich weniger Bürokratie, damit seine Arbeit erleichtert wird.

Erwachsene und Kinder erhoffen sich in Krefeld Sicherheit.

Foto: dpa/Marwan Naamani

Die Besatzung des Rettungsschiffes „Alan Kurdi“ rettete jetzt 64 Migranten, die vor der libyschen Küste in einem Schlauchboot auf der Flucht waren. Dem Boot der Regensburger Hilfsorganisation Sea-Eye wurde eine Einfahrt in einen sicheren Hafen verwehrt.

„Es kann nicht sein, dass solche Dinge passieren und sich 27 Länder über die Aufnahme einiger Menschen streiten. Da muss eine Gesetzesänderung im Innenministerium her, das nehmen wir nicht hin“, sagt Christoph Bönders, stellvertretender Vorsitzender des Flüchtlingsrates. „Es gibt noch mehr Baustellen, die wir bearbeiten, auch in Krefeld“, betont er.

Bönders ist ebenso wie Vorsitzende Ute Richter auf der jüngsten Mitgliederversammlung für zwei Jahre wiedergewählt worden. Beide berichteten, dass Krefeld laut Ratsbeschluss zu den 54 deutschen Städten gehört, die sich bereit erklärt haben, Flüchtlinge aufzunehmen. „Seebrücke – Krefeld wird zum sicheren Hafen für Geflüchtete“, lautet das Aktionsprogramm. „Krefeld zeigt Orange“ hieß das Motto des engagierten Flüchtlingsrates, bei dem etwa 250 Menschen in Krefeld im Oktober gegen das Sterben von Flüchtlingen im Mittelmeer protestiert haben.

Auch das Thema Ehrenamt sei in der Flüchtlingshilfe nicht einfacher geworden. Man habe zwar 65 engagierte Männer und Frauen, die Flüchtlinge begleiten, ohne sie zu bevormunden, es müsse aber dafür Sorge tragen werden, dass ihre Motivation nicht abnimmt.

Beispiel: „Wenn Hilfe suchende Menschen – samt Familie – Flüchtlingsschutz bekommen, werden sie dem Jobcenter zugewiesen. Von dort kommen dann gefühlte 30 Seiten Papier, die bearbeitet werden müssen. Diese Stelle arbeitet oftmals so unkoordiniert, dass die Ehrenamtlichen sagen: ,Ich kann nicht mehr`.“ Trotzdem gibt es immer noch weitere Menschen, die sagen: „Ich möchte helfen.“

Den Verantwortlichen des Flüchtlingsrates gelang es auch in 2018, Mittel aus dem Landesprogramm „Komm an“ zur Unterstützung von Ehrenamtlichen und ihrer Tätigkeit in der Flüchtlingshilfe zu bekommen.

Eine gute Bewertung bekommt die Ausländerbehörde: Die Terminvergabe klappe gut, die Zeiten, an denen Antragsteller um vier Uhr morgens vor der Türe standen und dann doch nicht vorgelassen wurden, seien vorbei. Die Stelle des Fachbereichs Integration und Migration, bei der die Flüchtlinge laut Asylbewerber-Leistungsgesetz Geld bekommen, sei jedoch stark unterbesetzt.

„Da müssen die Hilfsorganisationen – auch wir – häufig in Vorkasse gehen“, erklären Richter und Bönders. „Das kann einen oder mehrere Monate dauern, bis das Geld kommt. 400 Euro sind das monatlich, bei vier Personen verdoppelt sich der Betrag“, sagen sie.

Weitere Baustelle: „Das Standesamt kann, laut Gesetz, keine internationalen Geburtsurkunden ausstellen, sondern lediglich Registrierkarten. Auf diese Weise bekommen wir ein Heer von Staatenlosen, die weder ein Universität besuchen oder heiraten können, noch ein Stelle im öffentlichen Dienst bekleiden dürfen.“ Eine Nachregistrierung bedeutet wieder einen „Wust von Papier“. Die Verantwortlichen des Flüchtlingsrates haben deshalb die Krefelder Bundestagsabgeordneten angeschrieben.

Rund 3200 Flüchtlinge aus vielen Ländern leben derzeit in Krefeld. Davon sind zirka 500 in Sammelunterkünften untergebracht. „Diese sind zu eng, zu klein, der bauliche Zustand ist nicht in Ordnung“, sagen Richter und Bönders. „Wir sehen die Bemühungen der Stadt, dies zu ändern.“