Terror Nach dem Anschlag in Berlin sind Lkw-Fahrer alarmiert

Nach dem Anschlag in Berlin überlegen viele Brummi-Fahrer, wie sie sich vor Gefahren schützen können.

Foto: Andreas Bischof

Krefeld. Der Attentäter auf dem Berliner Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche tötete zwölf Menschen, weitere 49 wurden, teils schwer verletzt, in Krankenhäuser gebracht. Unter den Toten ist der polnische Lkw-Fahrer, der auf dem Beifahrersitz des Tatfahrzeugs saß. Er hat wohl bis zum Attentat gelebt. Nach dem Anschlag wurde er erschossen im Lkw gefunden. Täglich sind ungezählte Brummifahrer auf den Straßen unterwegs. Die WZ sprach mit Krefelder Spediteuren über Ängste sowie über den „Lkw als Waffe“ — zumal die Spur des Attentäters nach NRW führt.

„Die Fahrer leben gefährlich auf den Straßen, das ist bekannt. Aber schützen können sie sich nicht, da kann man einfach nichts machen“, sagt Wolfgang Stromps. Er ist Chef der gleichnamigen Frachtspedition an der Untergath und Präsident des Verbandes Spedition und Logistik NRW. Er weiß: „Sie haben alle Angst, sind sensibilisiert und passen jetzt noch mehr auf, als sonst. Im Grunde sind wir alle erschüttert über die Vorkommnisse in Berlin. Es ist furchtbar.“ Natürlich spreche man mit den Fahrern, erklärt Firmenchef Stromp. „Sie schließen ihre Fahrerhäuser sehr sorgfältig ab, auch wenn sie darin sitzen. Die Türen schließen auch von innen. Doch was soll der Fahrer machen, wenn er kurz weg musste und sich von hinten einer anschleicht?“

Georg Stratmann

Stromps kann von spektakulären Fahrten seines Unternehmens nach Calais berichten: „In der Nähe des sogenannten Dschungels von Calais, der Zeltstadt mit provisorischen Unterkünften für Flüchtlinge, ließen sich die Menschen von Brücken auf die Planen unserer fahrenden Lkw fallen, um mitgenommen zu werden. Sie suchten eine Möglichkeit zur Weiterreise durch den Eurotunnel nach Großbritannien und hätten alles angestellt, um mitzukommen.“

Ein anderes Beispiel: „Bei einem Stopp auf einem Rastplatz wurde einer unserer Fahrer von Verbrechern, die sich als Polizisten getarnt hatten, überwältigt. Ihm wurde ein Sack über seinen Kopf gestülpt, dann wurde er verprügelt und in den Straßengraben gestoßen. Die Verbrecher hatten den Lkw samt Ladung in der Hand, unser Fahrer leidet seitdem an einem Trauma vor Uniformierten.“

Attentate dieser Art könnten auch mit dem Postauto passieren, sagt Stromps. Er hält auch die neu aufgerichteten Betonsperren an den Weihnachtsmärkten für nicht effektiv. „Wer auf den Weihnachtsmarkt gelangen will, kann mit einem schweren Wagen einfach die Holzbuden niederfahren.“

Brummifahrer Georg Stratmann ist gerade von einer Fahrt aus dem Ruhrgebiet nach Uerdingen zurückgekommen. „Mir ist jetzt an jeder Ampel flau, wenn die Leute um meinen Wagen herumlaufen und ich mich frage, ob jetzt etwas passiert“, gibt er zu. „Wir Kollegen denken über die derzeitige Situation nach und reden viel darüber. Es gibt Möglichkeiten ohne Ende, überfallen zu werden. Wir müssen doch stetig ein- und aussteigen.“

Spediteur Norbert Timp erwartet einen Fahrer zurück, der ganz nah am Geschehen an der Gedächtniskirche war. „Er lud nur 100 Meter entfernt seine Ladung aus“, berichtet der Chef. „Wenn man darüber nachdenkt, was passieren kann, darf man kein Auto losschicken, dann bekommen auch die Fahrer Panik.“ Das alles könne auch hier passieren, sagt Timp. „Aber wie sollen sich die Fahrer schützen?“, fragt auch er. „Waffen und Messer dürfen sie nicht bei sich tragen. Was ist, wenn sie im Sommer im Fahrerhaus schlafen, das Fenster einen Spalt breit geöffnet ist und einer Gas einlässt?“ Seine Fahrer seien 25 bis 30 Jahre im Geschäft, sie wüssten, was sie machen müssten, sagt Timp: „Zuallererst möglichst sichere Parkplätze suchen, meistens auf bewachten Autohöfen.“

Claudia Hengst, Geschäftsleitung von Hafels Umzüge, erklärt: „Wir reden nicht darüber, vor Selbstmordattentätern kann sich keiner schützen. Dann darf man auch nicht mehr ‘rausgehen.“