Karneval Nach Sturmtief „Bennet“ kommen nur 90.000 Jecke nach Krefeld
Krefeld · 1900 Teilnehmer feiern beim Krefelder Rosenmontagszug, der diesmal besonders friedlich verläuft. Sturm Bennet wirbelt den Zeitplan durcheinander.
Als der Rosenmontagszug gegen 14 Uhr am Seidenweberhaus eintrifft, wird er dort schon sehnlichst erwartet: Bereits seit mehr als einer Stunde schunkeln, singen und futtern sich die Gäste auf dem Bühnenwagen des Business Clubs Niederrhein warm. Die Zug-Kommentierung hat hier Frank Tichelkamp übernommen, der dem 1. Amazonencorps, das traditionell den närrischen Lindwurm anführt, ein kräftiges Helau entgegenschmettert.
Für Tiefdruckgebiet „Bennet“ wird der Start auf 13.11 Uhr verlegt
Nicht ganz so traditionell: Die Amazonen kommen zu Fuß, die Pferde haben sie diesmal im Stall gelassen. Grund dafür ist das Tiefdruckgebiet „Bennet“, das nicht nur den Start um eine Stunde auf 13.11 Uhr verschoben hat, sondern auch die Mitnahme der Tiere auf die mehr als sieben Kilometer lange Strecke durch die Innenstadt als zu riskant erscheinen ließ.
Vom Sturm ist eine Stunde nach dem Start kaum noch etwas zu spüren: Sogar die Sonne bricht bei neun Grad Celsius durch, während Präsident Peter Bosser und Zugleiter Albert Höntges vom Festwagen des Comitées Crefelder Carneval den Business Club mit Wurfmaterial eindecken. Davon führt allein der CCC eine Tonne mit sich, außerdem noch 2000 rote Rosen.
„Grenzenlos jeck“ sind Oberbürgermeister Frank Meyer und sein Amtskollege Antoin Scholten aus Venlo, die sich mit ihren Ehefrauen Karin und Meral auf einem eigenen Mottowagen eingereiht haben. Kaum sind die ersten Wagen durch, kommt es schon zu einem unfreiwilligen Stopp vor dem Seidenweberhaus. „Die Ampel ist jetzt grün“, kommentiert Frank Tichelkamp trocken, als der Zug auch nach minutenlanger Wartezeit nicht von der St.-Anton-Straße in die Königstraße abbiegen kann.
1900 Jecken, 73 Fest- und Mottowagen, 212 Fußgruppen und zwölf Kapellen sind insgesamt dabei. Unter ihnen die Fußgruppe „80-10-10er“, die für ihre närrische elfte Teilnahme das Motto „De Welt is voller Jecken on wer send meddendren“ gewählt hat. Die Kostüme beeindrucken durch Weltkugeln, die als Kopfschmuck aufgesetzt wurden.
Die größte Gruppe kommt von der „Aktion Kunst und Kultur im Unterricht (AKKU)“: Mehr als 230 Schüler stellen unter dem Motto „Panoptikum Krefeld“ ihre Heimatstadt auf kreative Weise dar. Der Zoo, Burg Linn oder das Cinemaxx – das sind nur einige der Gebäude und Orte, die die Kinder zur Schau stellen.
Die Fußgruppe „Die jungen Wilden“ ist bereits zum 19. Mal dabei. „Aber sicher nicht alle von Anfang an“, urteilt Frank Tichelkamp mit Kennerblick auf die vielen teilnehmenden Kinder. Apropos Kinder: Schon sehr früh begrüßen die ersten Tollitäten die Jecken am Straßenrand: Das Kinderprinzenpaar René I. und Angela I. vom KKV Stadtponyhof hat das Motto „Die Kleinsten sind die Größten“ gewählt. Schon zum 51. Mal zieht der Verein mit. „Frischlinge“ sind die Mitglieder der Fußgruppe der Kursana Senioren-Residenz, die sich mit Rollatoren unter dem Motto „Pflege mit Herz“ auf den Weg gemacht haben.
Gruppen und Wagen kommen mittlerweile in so schneller Reihenfolge, dass der Moderator auf dem Podium den Überblick verliert. Da folgen die weißen Bier-Eulen (nahe Verwandte der Schnapsdrosseln, Anm. d. Red.) der KG Dronger on Drüver den bunten Schmetterlingen der KG Fidele Jröine Jonges. Brasilianische Stimmung verbreitet der Capoeira-Verein Criancas De Vida Nova. Dessen Leiter Gleidson da Silva de Souza führt die tänzerische Kampfkunst auf der Straße vor. Nachhilfe in Sachen Mundart ist wenig später notwendig, als „Eppels Jecke 1977“ das Seidenweberhaus erreichen: Ihr Motto „Die Eppels Jecken is wahl klooer, send doobee wie jedes Johr“ ist für Moderator Frank Tichelkamp der reinste Zungenbrecher.
Auf dem Rathaus-Balkon haben Ex-Prinz Tobias Stümges und Bürgermeisterin Karin Meincke als Moderatoren-Duo derweil den Landtagsabgeordneten Marc Blondin im Zug ausgemacht. Was nicht ganz einfach war: Der Politiker begleitet als Wagenengel das Kinderprinzenpaar der KG Verberg, Til I. und Annika I.. Hintergrund: Auch der Prinz heißt Blondin.
Dann erschallt ein kräftiges „Piep, Piep“ vom spärlich besuchten Von-der-Leyen-Platz: Die GKG Mösche-Männekes mit dem neuen närrischen Ehrenbürger Klaus Esters an der Spitze fliegt am Rathaus vorbei und wird entsprechend begrüßt. Eine Variation von „Krefeld Helau“ ist zu hören, als die KG Grün-Weiß Grönland erscheint. „Holland Helau“ heiß es hier passend zum gewählten Motto.
Polizeibilanz: Der Zug ist ruhig verlaufen
Und schon ist das Ende des Zuges in Sicht: Die Prinzengarde begleitet Tollität Andreas II. und Lieblichkeit Claudia II., die gut gelaunt den närrischen „Kollegen“ aus Uerdingen und Gellep-Stratum zuwinken, die auf dem Rathaus-Balkon stehen.
Die Polizei sagt am Ende zufrieden: „Alles in allem ist der Zug ruhig verlaufen.“ Abgesehen von zehn Platzverweisen, die ausgesprochen wurden (meist am Friedrichsplatz), mussten in zwei Fällen Personen vorübergehend in Gewahrsam genommen werden: Ein Jugendlicher wollte einem Platzverweis nicht Folge leisten – seine Eltern mussten ihn abholen. In eine Schlägerei verwickelt war ein Hülser (39). Er soll einen Mann, der einen Streit schlichten wollte, mit einem Kinnhaken nieder gestreckt und getreten haben. Das Opfer musste am Kinn genäht werden, den Angreifer erwartet nun ein Strafverfahren.
Nach Auskunft von Timo Bauermeister, Pressesprecher der Stadt, hat ein Betrunkener die Besatzung eines Rettungswagens angegriffen. Er kam ebenfalls in Gewahrsam. Zwei Drogenkonsumenten kamen ins Krankenhaus. 13 Personen, davon fünf Jugendliche, mussten in der Betreuungsstelle an der Felbelstraße versorgt werden – weniger als in den Vorjahren. Das gilt auch für die Besucherzahl: Nur rund 90 000 Jecke haben sich den Krefelder Rosenmontagszug 2019 angeschaut – 45 000 weniger als im Vorjahr.