Krefeld Radler haben lange Wunschliste
Krefeld muss mehr für den Radverkehr tun: Das sagen Radfreunde, und das wollen Politiker.
Krefeld. Mit der Gesamt(schul)note 4,2, also nicht einmal ein glattes „ausreichend“, kann eine fahrradfreundliche Stadt, wie sich Krefeld nennt, nicht zufrieden sein. Zu mehr hat es im jüngsten bundesweiten Fahrradklimatest, den der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) durchgeführt hat, aber nicht gereicht.
Holprige, unebene und verschmutzte Radwege wurden kritisiert, zu seltene Kontrollen von Falschparkern auf Radwegen oder schlecht ausgeschilderte Radwegführungen an Baustellen. Krefelds ADFC-Vorsitzender Andreas Domanski, zugleich Sprecher des Fahrradaktionskreises Krefeld, hält die Kritikpunkte der Umfrage für berechtigt, er sagt aber auch: „Die Untersuchung zeigt ein Stimmungsbild, es sind keine objektiven Befunde.“ Die Ergebnisse spiegelten das subjektive Gefühl der Radfahrer in Krefeld, die sich immer wieder über gefährliche Kreuzungssituationen, Schlaglöcher oder andere Hindernisse wie Ampelschaltungen beklagten.
Radfahrer wie Fußgänger fühlten sich gegenüber dem motorisierten Verkehr zurückgesetzt. „In den Radweg hineinwucherndes Grün, das nicht zurückgeschnitten wird, trägt zurzeit auch nicht dazu bei, dass sich die Radfahrer wohlfühlen“, sagt Domanski. „Die Infrastruktur ist einfach nicht komfortabel und vermittelt den Radlern kein Gefühl der Sicherheit.“
Diese Defizite sieht auch Daniel John, verkehrspolitischer Sprecher der Krefelder Grünen, doch er sehe auch die Veränderungen, um die sich Politik und Stadtverwaltung bemühten — und die offenbar noch nicht positiv in das Umfrageergebnis eingeflossen seien.
Eine Million Euro sollen in den Jahren 2019 und 2020 in die Erhaltung der Radwege fließen. Das Großprojekt Krefelder Promenade soll bis Ende 2020 auf 16,5 Kilometern von Forstwald bis Uerdingen quer durch Krefeld führen — und es gibt die Idee, die Trasse darüberhinaus an den Radschnellweg in Duisburg anzuschließen. Auf Krefelder Stadtgebiet soll ein Knotenpunktsystem Radfahrern die Orientierung erleichtern, an neuralgischen Punkten sollen mehr Parkplätze für Fahrräder geschaffen werden.
Dringenden Handlungsbedarf sieht John wie Domanski für breitere Radschutzstreifen oder eine Ampelschaltung, die Radfahrer und Fußgänger bevorzugt oder ihnen kurze Wartezeiten garantiert. Zurzeit führe die Nutzung der Bedarfsampel nur dazu, dass Fußgänger oder Radfahrer überhaupt als Verkehrsteilnehmer berücksichtigt werden, kritisiert John. Dieses System sei sukzessiv eingeführt worden, stellte aber eher eine Verschlechterung dar. „Es bremst einen aus“, sagt John. Und: „Was nützt die schnellste Bahn, wenn ich zwei Minuten an der roten Ampel stehe?“ Das Ziel eines funktionierenden Verkehrs für Fußgänger und Radfahrer haben Daniel John und Andreas Domanski auch im Blick, wenn sie sich kritisch zu einer möglichen Schließung der kleinen, offenbar sanierungsbedürftigen Brücke übers Zoogelände äußern.
Zur Jubiläumstour „200 Jahre Fahrrad“ werde er am 12. Juni „auf jeden Fall über die Brücke fahren, auch wenn es das letzte Mal ist“, sagt Andreas Domanski, und Daniel John betont: „Wenn die Brücke baufällig ist, müssen wir im kommenden Haushalt Geld für eine zeitnahe Sanierung bereitstellen.“ Der Wegfall dieser Radachse, die lokal und im Radwegenetz NRW Bedeutung habe, sei „nicht die richtige Lösung“. Eine jahrelange Hängepartie wie bei der Brücke über die Niepkuhlen müsse man an dieser Stelle vermeiden.
Fahrradfahren, sagt Domanski, sollte nicht Streitthema, sondern Wohlfühlthema werden. Diesem Ziel diente auch die Fahrradklimakonferenz Radschlag im Südbahnhof. Ideen und Forderungen wurden am Ende zusammengefasst wie mehr Platz fürs Rad im Stadtverkehr, die Umwidmung von Flächen für den Radverkehr, mehr und geschützte Abstellflächen auch vor den Firmen, Fahrradverleihsysteme, Schutzstreifen und ein interaktiver Stadtplan mit Mängelmelder. Krefeld könnte mit einem autofreien ShoppingSonntag Werbung für sich machen.
Ein Anstoß, sich im Berufsalltag aufs Rad zu schwingen, gibt die Aktion Stadtradeln, die vom 25. Juni bis 15. Juli stattfindet. 384 Krefelder haben sich schon angemeldet. Die prominenten Sportlerinnen Aline Focken, Anna Pauline Saßerath und erstmals auch die Hockeymannschaft des CHTC gehen mit gutem Beispiel voran. 47 Teams haben sich bereits angemeldet, wie die „Alte Samtweberei“ mit 53 Teilnehmern, die „Crönradler“ mit vier, „Fischeln radelt“ mit 38 oder „Hüls statt Krefeld“ mit zwölf Aktiven. Neu dabei ist das Team „Integrationsrad“, in dem alle willkommen sind, „denen Integration in Krefeld ein Bedürfnis ist“. Gründer und Kapitän ist der Vorsitzende des städtischen Integrationsrates, Sayhan Yilmaz.
Den Stadtradel-Organisatoren Andreas Domanski und Karl-Heinz Renner ist nicht wichtig, dass es viele Teams gibt. Eine überschaubare Anzahl reiche völlig aus, sagt Domanski. „Viel wichtiger ist, dass wir viele Teilnehmer haben!“ Wer sich ganz offiziell am Stadtradeln beteiligen will, als Einzelperson oder in einem Team, kann sich online anmelden. Alle Daten fließen auf der Homepage zusammen, jeder Kilometer wird gezählt. Am 25. Juni wird der sportliche Wettstreit eröffnet.