Fehlender Wohnraum „Schrottimmobilien“ in der Innenstadt ziehen Quartiere nach unten
Seit einem verheerenden Brand im vergangenen Februar ist das Wohnhaus an der Kölner Straße Ecke Saumstraße unbewohnbar und mit einem Zaun verschlossen. Der Stadt war die Immobilie als sogenanntes Problemhaus schon früher bekannt, in dem es erhebliche Brandschutz- und Hygienemängel gab.
Nicht die einzige Problemimmobilie dieser Art in Krefeld. „20 bewohnte und 80 leerstehende Häuser hat die Stadt Krefeld erfasst“, erklärt ein Stadtsprecher. Deren Zahl nimmt zu. Doch die Stadt sieht nicht tatenlos zu.
Die 2017 gegründete Taskforce-Gruppe aus Vertretern von Feuerwehr, Polizei, Bauaufsicht, Ordnungsbereich und Stadtplanung kontrolliert etwa alle drei Wochen unangemeldete den Zustand auffälliger Häuser von außen und innen. „Krefeld leistet da eine vorbildliche Arbeit“, sagt Michael Heß, Geschäftsführer des Eigentümerverbandes Haus & Grund.
Von Spekulationsobjekten bis hin zur Überforderung der Besitzer
Heß hat die Immobiliensituation in Krefeld fest im Blick. Er unterscheidet zwischen Schrottimmobilien, die aus Spekulationsgründen teils sogar leestehen würden und an denen nichts mehr gemacht werde, und den Problemimmobilien. „In nicht wenigen Fällen sind die Eigentümer damit überfordert“, erklärt Heß. Als Beispiel nennt er eine Handwerker-Witwe, die heute alleine in einem Haus in der Innenstadt leben würde, wo früher der Betrieb, die eigene wie auch weitere Miet-Wohnungen untergebracht waren. „Die saniert nicht mehr ihr Haus“, sagt Michael Heß.
Solche Problemimmobilien seien nicht nur an Linden- und Breite Straße zu finden, sondern überwiegend südlich des Südwalls, westlich des Westwalls, wo zahlreich noch alte Krefelder Bausubstanz steht. Ebenso aber auch in den Querstraßen zwischen Ostwalll und Viktoriastraße. In den Stadtteilen selber seltener. „Von der Bausubstanz der Häuser wie auch den Mietergruppen geht die Spirale dort nach unten“, sagt Heß und weiß, dass er sich bei diese Aussage auf „dünnes Eis“ begibt. Er wolle nicht bestimmte Viertel oder sozio-kulturelle Gruppe stigmatisieren, doch man müsse eine solche Entwicklung dennoch betrachten, wenn man Viertel vor dem Absturz retten wolle.
Für private Investoren lohne sich selten der Kauf solcher Häuser
„Ein wichtiges Instrument dafür war die Aufnahme Krefelds in das Modellprojekt Problemimmobilien“, betont Heß. Nach seiner Aussage stünden knapp zehn Millionen Euro der Stadt zur Verfügung, um Problemimmobilien aufzukaufen und somit neuen Wohnraum zu schaffen. „Doch dieser ‚Feuerwehrtopf’ muss in der City investiert werden und nicht zur Bevorratung von künftigen Siedlungsflächen in den Stadtteilen verwendet werden“, meint Heß. Dafür gebe es die privaten Baugesellschaften.
Für die lohne sich die Sanierung oder ein Neubau an gleicher Stelle oft nicht. Es gebe die Faustformel für Neubauten, wonach die Kaltmiete zehn Euro pro Quadratmeter betragen müsse, um bei heutigen Baukosten eine schwarze Null zu schreiben, bei Baukosten von 2800 bis 3000 Euro pro Quadratmeter. Und dann würden Eigentumswohnungen gebaut, dabei fehle es an mietbaren Wohnraum für große Familien ebenso wie für Single-Haushalte.
Heß erhofft sich beim Thema Schrott- und Problemimmobilien mehr Engagement von der Wohnstätte, die fast als Einzige noch Mietwohnungen in Krefeld baue, teils mit öffentlichen Geldern. Auch von der hiesigen Wirtschaftsförderungsgesellschaft (WfG) verspricht er sich mehr, die verstärkt Büroflächen ins Auge fasse. „Unten arbeiten und oben wohnen, der Mix ist interessant, auch für Investoren“, sagt der Interessensvertreter der Immobilieneigentümer. Diesen Mix – wie einst in der „Manufakturstadt“ vor über 200 Jahren – schlägt die jüngst vorgestellte „Kulturhistorische Analyse“ auch als städteplanerische Entwicklung für die Innenstadt vor. Damit stimmt Heß überein. Er wünscht sich eine Verknüpfung mit vorherigen Konzepten für die Innenstadt zu einem Masterplan. Dann könne die Stadt Problemimmobilien auf Dauer wirksam bekämpfen.