Sie blickt auf bewegte 100 Jahre zurück
Die gebürtige Oberschlesierin Hedwig Horzella hat im Leben viel erlebt. Gestern feierte die Krefelderin runden Geburtstag.
100 Jahre sind eine lange Zeit. Jahre, in denen Hedwig Horzella eine Menge erlebt hat — auch die Auswanderung von ihrer Heimat Oberschlesien nach Krefeld. Gestern feierte sie ihren runden Geburtstag.
1918 wurde sie als vorletztes von zwölf Kindern in Antonienhütte in der Nähe von Kattowitz in Oberschlesien geboren. Ihr Vater arbeitete als Oberzinkmeister in einer Zinkhütte des Grafen Henckel von Donnersmarck. Die Jubilarin hatte eine glückliche Kindheit, die aber von politischen Unruhen — den schlesischen Aufständen — überschattet war. Nach der Teilung Oberschlesiens 1922 blieb die Familie der deutschen Minderheit zugehörig. Die kleine Hedwig besuchte die deutsche Minderheitenschule.
Doch als die Spannungen zwischen Deutschen und Polen in Oberschlesien immer größer wurden, siedelte ihre Familie Mitte der 1930er Jahre ins Deutsche Reich nach Beuthen über. Für die Ausbildung der Töchter hatte die Familie kein Geld, so arbeitete sie ungelernt in einer Behindertenanstalt geleitet von katholischen Nonnen. In Beuthen heiratete die heutige Krefelderin 1942 den Bergmann Johann Horzella. Wie auch andere deutsche Ostgebiete wurde Schlesien 1945 polnisch und die Familie musste die polnische Sprache erlernen und sich im kommunistischen Regime zurechtfinden.
1952 bekam das Ehepaar eine Tochter, 1954 einen Sohn. Wegen einer schweren Krankheit von Hedwig Horzella mussten die Kinder einige Jahre bei Verwandten untergebracht werden. Lange war es der Wunsch der Eheleute, nach Deutschland ausreisen zu dürfen. Doch erst 1965, nachdem Johann Horzella Rentner geworden war, konnte die Familie über die Aufnahmelager Friedland und Stuckenbrock nach Krefeld kommen. In der Region lebten bereits Verwandte.
Viel konnten sich die Eheleute im Alter von der schmalen Rente nicht gönnen, aber sie verbrachten ein paar Urlaube in den Feriendomizilen der Stadt Krefeld — zum Beispiel in der Eifel. Seit 2001 ist die 100-Jährige verwitwet. Hedwig Horzellas ganze Freude im Alter sind ihre vier Enkelkinder. So oft es möglich war, verbrachten sie und ihr Mann die Zeit mit ihnen. Kein Weg war ihnen zu weit, schließlich wohnte die Tochter mit ihrer Familie in München. Oft verbrachten sie mehrere Wochen dort, betreuten auch die Kleinkinder, während die Mutter arbeitete.
Die Jubilarin lebt seit acht Jahren betreut von einer Pflegerin, in ihrer eigenen Wohnung. Ihr Sohn, der sich liebevoll um seine Mutter kümmert, wohnt ganz in ihrer Nähe. Sie ist fast erblindet und benötigt eine Gehhilfe. Geistig ist die Krefelderin jedoch noch fit. Gerne hält sie ein Pläuschchen mit dem Priester, der ihr die heilige Kommunion bringt. Der Freundeskreis ist mit den Jahren zwar kleiner geworden, doch mit den wenigen verbliebenen Bekannten telefoniert Horzella gerne und ausgiebig. In der eigenen Wohnung zu leben, ist ihr besonders wichtig. Sie ist der Treffpunkt der Familie: Kinder, Enkel und Urenkel sind oft zu Besuch. Red