Zwischenlösung in Krefeld So funktioniert die neue Container-Wache in Traar
Krefeld · Wenn der Pieper sich meldet, muss es schnell gehen — auch mitten in der Nacht. Das Team der neuen Rettungswache im Krefelder Norden gibt einen Einblick.
Der Schlaf in einer Rettungswache ist meistens nicht so tief wie im heimischen Bett. Jederzeit kann das Signal kommen. Dann kommt es auf Schnelligkeit an. Das ist in der neuen Wache in Traar nicht anders als in anderen. Der offensichtliche Unterschied: Die Station in Krefelds Norden besteht zunächst aus Containern. In den nächsten Jahren soll am Standort an der Ecke Buscher Holzweg/ Moerser Landstraße ein Neubau entstehen.
„Für uns als Kreisverband ist das eine Premiere“, sagt Sabine Hilcker, Kreisgeschäftsführerin des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in Krefeld. Nicht, weil es sich um ein Provisorium handelt. Es ist die erste Rettungswache, die der hiesige DRK-Kreisverband ohne externe Unterstützung betreibt. Erfahrungen habe man aber unter anderem am Standort an der Magdeburger Straße in Gartenstadt – dort in Zusammenarbeit mit einer DRK-Tochtergesellschaft.
Krefeld ist für den Wachleiter besonders abwechslungsreich
Der Betrieb der Container-Wache sei etwas kurzfristiger übernommen worden, als im Normalfall, erklärt Hilker. Nach dem Zuschlag der Stadt habe ab November passendes Personal gesucht werden können. Und obwohl es in dem Bereich einen Personalmangel gebe, habe man aus einem großen „Bewerberpool“ wählen können. Einige Mitarbeiter seien zunächst vorsichtig gewesen, als sie von den Containern hörten. Dann seien sie positiv überrascht worden. Die Zwischenlösung werde als „vollständig ausgestattet“ wahrgenommen: Dazu gehören drei Ruheräume, zwei Umkleidekabinen, Duschen und Toiletten jeweils für Damen und Herren und ein Aufenthaltsraum.
Und wie sieht der Alltag auf so einer Wache aus? Eine Besonderheit am Arbeitsort Krefeld: „Hier hat man alles, das macht den Reiz aus“, erklärt Matthias Jansen, Wachleiter und Notfallsanitäter in Traar. Mit „alles“ meint der 38-Jährige, der unter anderem schon in Frankfurt im Rettungsdienst gearbeitet hat, die Einsatzvielfalt, von der Einweisung eines Hausarztes bis zur gefährlichen Körperverletzung. Von der Geburt bis zum Schlaganfall – im Rettungswagen müsse mit allen möglichen „Notfällen“ umgegangen werden, ergänzt Kreisgeschäftsführerin Sabine Hilcker.
Zurück zum Alltag: Im Schichtdienst arbeiten insgesamt zwölf Mitarbeiter in Traar – darunter Rettungsassistenten, Notfallsanitäter und Rettungssanitäter. Eine Schicht dauert 24 Stunden, in Absprache wären aber auch zwölf Stunden möglich. Wenn gerade kein Einsatz ansteht, werden tagsüber auch mal Karten gespielt, Fernsehen geschaut, gekocht oder sauber gemacht. Das hört sich zunächst ein wenig nach WG-Charakter an. „Wir legen sehr viel Wert auf das Kollegiale“, sagt Wachleiter Jansen. So werde zum Beispiel auch gemeinsam gefrühstückt. Der 38-Jährige habe sich schon in frühen Jahren bei der Wasserwacht in Krefeld engagiert und habe nun die Chance ergriffen, wieder bei einer Rettungswache in der Heimat zu arbeiten.
Einsatzfrei ist aber nicht gleich Freizeit: Das Fahrzeug wird nach jedem Einsatz gereinigt, der Bestand wird kontrolliert, es gibt Fortbildungen per E-Learning oder Mitarbeiter, die ihre Erkenntnisse weitergeben. Zudem müssen Dokumentationsbögen ausgefüllt werden – etwa zu Einsätzen. Dokumentiert werden muss aber auch, welche Medikamente ablaufen und welche Geräte kontrolliert werden müssen. Immer zwei Mitarbeiter arbeiten in einer Schicht. Jeder habe seinen eigenen Rückzugsbereich, einen dritten Platz gebe es für einen Praktikanten oder Auszubildenden.
Jeder hat seinen eigenen Pieper, der im Notfall Alarm schlägt. Kreisgeschäftsführerin Sabine Hilcker erklärt den Ablauf an einem Beispiel: Auf dem Gerät erscheint mitten in der Nacht die Nachricht Verkehrsunfall auf dem Europaring. Für die Verteilung der Einsätze ist die Leitstelle der Feuer- und Rettungswache an der Neuen Ritterstraße zuständig. Nach der Alarmierung „springen“ die Retter in ihre Kleidung. „Sie schlafen so, dass sie nicht viel anziehen müssen. Vor dem Rettungswagen werden dann die Stiefel und die Jacke angezogen. Diese dürfen aus Hygiene-Gründen nicht mit in die Wache genommen werden. Praktisch: Der Ort des Einsatzes wird dann automatisch auf dem Navigationsgerät des Einsatzfahrzeugs angezeigt, erklärt Wachleiter Matthias Jansen. Der sogenannte „Transportführer“ ist Beifahrer, Notfallsanitäter oder Rettungsassistent, erklärt Hilcker. Der Beifahrer hole sich bei Bedarf noch weitere Infos bei der Leitstelle. Bei einem Unfall sei das Ziel meist klar zu erkennen. Bei Notfällen im Haus – etwa bei einem Schlaganfall oder einem Herzinfarkt sei das manchmal nicht so einfach. Man hoffe dann, dass jemand an der Straße steht, um den Rettern den Weg zu weisen. Eine weitere Hoffnung: Das ein Ersthelfer erste Maßnahmen ergriffen hat. Bei einem Herzstillstand sei die Überlebenschance dann zehn Mal so hoch, so Hilcker. In welches Krankenhaus des Stadtgebiets es dann geht, hänge vom Einzelfall ab, so Hilcker. In der Notaufnahme angekommen, werde der Patient dann an den diensthabenden Arzt oder die leitende Schwester übergeben. Danach muss das Fahrzeug gereinigt werden, etwa die Trage. Bei einer „echten Infektion“ wie einem multiresistenten Keim werde das Fahrzeug bei der Hauptwache an der Neuen Ritterstraße desinfiziert.
Zurück in der Wache in Traar gebe es „mit Glück“ eine halbe Stunde, um sich zu erholen – eine andere Variante ist aber auch realistisch: der nächste Einsatz kommt direkt im Anschluss herein. Rund 1500 Einsätze müssen nach einer Schätzung der Feuerwehr pro Jahr in dem Gebiet Traar, Verberg, Elfrath, Kliedbruch bewältigt werden, für das die neue Wache zuständig ist.