Nora spielt das Unfallopfer
Im Röck Stöck lernen Hundebesitzer, wie sie ihren Vierbeinern im Notfall Erste Hilfe leisten können.
Krefeld. Bewegungslos liegt das Unfallopfer auf dem Tisch. Kristin Huppert beugt sich langsam über die Patientin und beatmet sie behutsam durch die Nase. Nora lässt die Prozedur geduldig über sich ergehen und beobachtet mit großen braunen Augen die Tierärztin. Dieser Ernstfall ist zum Glück nur eine Probe: Der Boxerhündin geht es prima — sie ist Profi in Sachen Unfallübungen.
Auch vierbeinigen Gefährten kann ein Unglück widerfahren, doch viele Hundebesitzer wissen nicht, wie sie in Notfallsituationen reagieren sollen. Aus diesem Grund bieten die Hundeschule Schnäuzchenresidenz und die Tierarztpraxis Huppert seit zehn Jahren Erste-Hilfe-Kurse für den Hund an. „Unterwegs und auch zu Hause lauern viele Gefahren. Wir möchten, dass die Besitzer vorbereitet sind. Im Notfall zählt jede Minute“, sagt Tierärztin Kristin Huppert. 13 Hundebesitzer haben sich für den Kurs am Mittwochabend im Röck Stöck im Park an der Schönebergerstraße angemeldet — die meisten sind mit ihren eigenen Vierbeinern da.
Ein großes und freudiges Gewusel bricht unter den Hunden aus, als sie sich begrüßen. „Ich bin mal gespannt, ob Josef alle Übungen mit sich machen lässt. Ich habe aber viele Leckerlis dabei“, sagt Nicole Wankum und lacht.
Für den Kurs ist sie mit ihrem zweijährigen Labradormix aus Meerbusch angereist. „Ich möchte wissen, was im Ernstfall zu tun ist. Wir sind oft unterwegs und man weiß nie was passiert“, erzählt sie.
Zu Beginn des dreistündigen Kurses erklärt Tierärztin Huppert die oberste Regel: sich selbst zu schützen: „Wenn ein Tier Schmerzen hat, kann es beißen, egal wen.“ Deshalb lernen Teilnehmer in der ersten Übung das Anlegen einer Maulschlinge, zum Beispiel mit einem Taschentuch. Grundlegend ist auch, dass man den Puls des Tieres am Beinansatz richtig überprüfen kann: „Das sollte auch zu Hause geübt werden, damit man ein Gefühl für seinen Hund bekommt“, erklärt die Tierärztin. Vom Verschlucken eines Festkörpers über Herzmassage bis hin zu Magenverdrehungen thematisiert Kristin Huppert mit ihrem Mann Günter alle möglichen Szenarien.
Boxerhündin Nora ist schon seit acht Jahren das Versuchskaninchen des Kurses. Geduldig wartet sie auf ihren Auftritt als Unfallopfer: Die anderen Hundebesitzer sind um den Tisch versammelt, als Günter Huppert Nora einen Verband am Kopf anlegt. „Man muss immer darauf achten, dass mindestens zwei Finger breit Platz bleibt, damit der Hund atmen kann“, sagt der Tierarzt. Mit dem weißen Tuch um den Kopf sieht die Boxerhündin eher lustig aus, aber im Ernstfall ist der Verband lebensrettend. So können besonders Verletzungen wie Bisswunden an den Ohren sehr stark bluten.
„Für den Kurs ist es wichtig, dass jeder selber am Hund üben kann“, sagt Noras Frauchen Barbara Drathen, Leiterin der Schnäuzchenresidenz. Damit das Erlernte nicht direkt vergessen wird, erhalten die Teilnehmer ein Skript. Und die Vierbeiner haben sich nach diesem Kurs ihre Leckerli redlich verdient.