Beleibter Mann spielt die Leier
Stefan Hemmers spielt leidenschaftlich das uralte Instrument, das besonders bei jungen Leuten wieder in Mode kommt.
Krefeld-Hüls. Das Lieblings-Instrument von Stefan Hemmers ist sehr ungewöhnlich. Es klingt mittelalterlich, ähnlich wie ein Dudelsack, hat einen „endlosen“ Geigenbogen und wenn es schnarrt, ist das vollkommen in Ordnung.
Der 47-Jährige ist Feuer und Flamme für seine Drehleier. Das Instrument wurde bereits im zwölften Jahrhundert gespielt, geriet dann ziemlich in Vergessenheit und ist jetzt wieder auf dem Vormarsch.
„Die Drehleier ist ein Begleitinstrument für traditionelle Tanzmusik“, erklärt Hemmers mit Nachdruck. „Vor allem in den Niederlanden und Belgien boomt die Szene. Junge Leute tanzen zu Drehleier-Melodien Polka, Mazurka oder Reigen.“
Der Hülser spielt sein Instrument alleine oder auch gerne zusammen mit seinen Freunden Christian Wintgen und Thorsten Tetz, mit denen er als „Les hommes ventrus“ auftritt. „Unser Name, ,Die beleibten Männer‘ kommt nicht von ungefähr“, betont er mit einem Schmunzeln. Mit Drehleier, Akkordeon, Dudelsack und Gitarre bitten sie zum Tanz. „Nachdem wir anfangs nur traditionelle Stücke im Repertoire hatten, gibt es mittlerweile tanzbare neue Stücke.“
Die Liebe zur Drehleier war nicht vorprogrammiert, eigentlich spielte der Musiker mit dem Beruf des Designers zuerst Gitarre. „Als ich jedoch vor vierzehn Jahren von Kamp-Lintfort nach Hüls, auf die Klever Straße zog, lernte ich bei einem Nachbarschaftstreffen Walter Simons von gegenüber kennen. Er baut Drehleiern und schon war meine Liebe entfacht.“ Heute gibt Hemmers bereits Drehleier-Unterricht.
Alleine die Erklärung, wie das Instrument zum Tönen gebracht wird, ist eine Wissenschaft für sich. Also: „Die Drehleier ist ein Saiteninstrument, bei dem die Saiten mittels eines Holzrades gestrichen werden. Dieser ,endlose‘ Geigenbogen ermöglicht es, mit der Drehleier einen andauernden Ton zu spielen“, erklärt der Musiker. „Das Rad wird durch die Kurbel gedreht.“
Die Drehleier ist in etwa so groß wie eine Laute und verfügt über mehrere Saiten. Sie hat normalerweise eine bis drei Melodiesaiten, die mit den Tasten verkürzt werden können. So wird die Melodie gespielt. Neben diesen Saiten verfügt sie über meist mehrere Bordunsaiten, die immer den gleichen Ton erzeugen. Das kennen die Fachleute von den Dudelsäcken her; daher kommt die Ähnlichkeit. Zusätzlich verfügt die Drehleier noch über ein Rhythmusinstrument: „Durch kurzzeitiges schnelles Drehen der Kurbel wird ein Schnarrlaut erzeugt. Die Schnarre versetzt den Schnarrsteg bei schnellerem Drehen in Vibration und dieser schlägt dann auf das unter ihm liegende Holz. Die Drehleier verfügt also über einen Melodieteil, über Begleitung (Bordun) und dient als Rhythmus-Instrument (Schnarre).“
Die Leier von Stefan Hemmers ist blau lackiert und einem historischen Instrument nachgebaut. Jeden Tag spielt er etwa ein bis zwei Stunden.
Jetzt wollen „Les hommes ventrus“ eine CD mit neuen Liedern herausgeben. Und am Gesang zur „höfischen Musik“ von einst arbeitet Stefan Hemmers parallel auch noch.