Oppum Botanischer Garten: Reserve für das blühende Leben

Auch im Winter gibt es im Botanischen Garten einiges zu tun. Hinter den Kulissen läuft gerade der Saat-Austausch mit Parks in der ganzen Welt.

Foto: Andreas Bischof

Oppum. Kataloge durchblättern, das Gewünschte ankreuzen, bestellen und nichts dafür bezahlen — was beim Versandhaus nicht geht, gehört für die Leiterin des Krefelder Botanischen Gartens, Birgit Loy, zum Saat-Austausch mit Botanischen Gärten in aller Welt. Ein Dutzend Din-A-5-große Broschüren sind mit der Post gekommen. „Index Seminum 2015“ steht in den Titeln. Es sind Listen Botanischer Gärten zum Beispiel aus Siauliai (Litauen) oder Jibou (Rumänien), welche Samen sie zu bieten haben.

Daneben liegen die Schätze des Krefelder Gartens in weißen Tütchen, etwa so groß wie für Brausepulver. Kurt Wiemann, seit über 40 Jahren Hüter der Samen im Botanischen Garten, hat sie fein säuberlich beschriftet und muss sie noch in den hölzernen Schubladenschrank hinter ihm einsortieren. In ihm ruhen 900 Papierbeutel und warten auf Interessenten. Zwischen 1500 und 2500 Proben etwa verschicken die Krefelder in jeder Saison.

Während die meisten Beete des Botanischen Gartens noch trist aussehen, herrscht hinter den Kulissen reges Treiben. Januar und Februar sind die Monate, in denen der Saataustausch am intensivsten läuft. 300 Botanische Gärten weltweit sind mögliche Tauschpartner. Die meisten liegen in Deutschland und Europa, aber auch Parks in Peking, Denver oder Vancouver gehören dazu. „Täglich kommen Index-Listen und Wunschlisten bei uns an“, berichtet Birgit Loy, „der Sinn des Austauschs ist, den eigenen Pflanzenbestand zu erhalten oder gezielt zu ergänzen.“

Überwiegend geht es um Wildpflanzen, nicht um Züchtungen. „Das, was man im gängigen Handel nicht bekommt, wenn man es haben will“, sagt Loy. So bestellt sie beispielsweise die aus Südamerika stammenden Blumennesseln. Sie wollen in den hiesigen Gefilden partout keine Samen bilden. Und als vor ein paar Jahren der Steingarten angelegt wurde, kam man durch das Netzwerk an viele Gewächse. Derzeit wird nur noch nach Pyrenäensteinbrech für den Kalksteinbereich gesucht.

Wer säen — und tauschen — will, muss ernten. Und das macht Kurt Wiemann so leidenschaftlich gern, dass er sogar im Urlaub in freier Wildbahn Samen sammelt. Im Botanischen Garten hat er damit das ganze Jahr über zu tun, aber am meisten zwischen August und Oktober — mit Nachtkerzen, Johanniskraut, Karden, Salbei, Katzenminze oder Lavendel.

Auch jetzt im Februar muss er bald wieder ran. Denn die kleinen Winterlinge, die mit ihren gelben Blüten zu den wenigen derzeit blühenden Pflanzen in seinem „Reich“ gehören, brauchen seine Aufmerksamkeit. Zu den letzten Pflanzen, an denen geerntet wird, gehören im Jahr beispielsweise Hibiskus oder Eiche.

Meist muss er sich beeilen, damit Mäuse und Vögel ihm nichts wegfressen. An manchen Gewächsen findet er 30, 40 oder 50 Samen, an anderen vielleicht nur zwei oder drei. Ab Mitte November werden die Körnigen, Puschligen oder Bohnenförmigen gereinigt. „Mit Sieben verschiedener Stärken, mit Klopfen, Pusten, manchmal auch Reiben, auch wenn sie stachelig sind“, wie Wiemann erzählt. „Da darf man definitiv keine Staublunge haben“, sagt er lachend.