Telefonseelsorge sucht Hilfe gegen Besetztzeichen
In Krefeld werden 100 Ehrenamtliche gebraucht, damit in Notsituationen niemand alleine gelassen wird.
Mitte. Die etwa 40-jährige Frau muss unbedingt mit jemandem reden. Der Unfall geht ihr nicht aus dem Sinn. Sie befand sich im Urlaub am Steuer ihres Wagens, als es passierte, berichtet sie. Ihre beiden Kinder und ihr Mann starben, sie selbst lag mehrere Wochen im Krankenhaus. Von dort kam sie nach Hause, in die Wohnung, in der noch die Spielsachen der Kleinen herumlagen. In ihrer Not ruft sie die Telefonseelsorge an und findet einen Menschen, der zuhören kann.
Andere leiden darunter, die Arbeit verloren zu haben, oder fühlen sich allein, weil die Kinder das Haus verlassen haben. „Wir führen rund 1200 Gespräche im Monat“, erklärt Dieter Mokros, Leiter der Telefonseelsorge Krefeld-Mönchengladbach-Rheydt-Viersen, mit Sitz in Krefeld. „Es sind viele Menschen dabei, die uns öfter anrufen, weil sie mit uns sprechen möchten. Sie leiden an psychischen Erkrankungen, sind isoliert und austherapiert. Im Durchschnitt sprechen wir mit 400 Haushalten.“
Mokros: „Menschen, die in einer plötzlichen Krise stecken oder spontan anrufen, kommen oftmals nicht durch, da die Leitung besetzt ist. Sie rufen dann erfahrungsgemäß nicht mehr an. Wir möchten aber auch für sie da sein.“ Deshalb suchen die Verantwortlichen der ökumenischen Telefonseelsorge neue Ehrenamtler, um den Dienst rund um die Uhr doppelt besetzen zu können. „Es gibt 70 engagierte ehrenamtliche Mitarbeiter, 100 streben wir an. Dann besteht eine Leitung für Daueranrufer und eine für Krisenfälle.“
Schon jetzt stehen die Krefelder bei der Anzahl der Ehrenamtlichen gut da. Ihre Dienststelle ist am besten besetzt. Vier sind unter der Rufnummer zusammengefasst: neben Krefeld noch Düren, Aachen und Ahrweiler. Wer die Seelsorge-Nummer wählt, wird weitergeleitet. Durch die gute Ehrenamtskultur kommen viele Gespräche in Krefeld an; fast doppelt so viele wie in den anderen Stellen. Die neuen Bewerber werden gründlich und behutsam an die neue Aufgabe herangeführt. Mokros: „In der Biografie-Arbeit erzählen sie uns aus ihrem Leben. Wir vermitteln die Techniken der Gesprächsführung. Wir informieren über verschiedene psychische Krankheitsbilder. Zudem geht es um Spiritualität, eine im religiösen Sinn ausgerichtete Haltung. Das heißt: Die neuen Seelsorger müssen in jedem Fall Mitglieder einer christlichen Kirche sein.“
Wer diese Tätigkeit längere Zeit ausübt, kann davon profitieren. Klaus Brauweiler ist seit sechs Jahren dabei und spricht von einem Mehrwert, dem positiven Erlebnis, Leuten in Not behilflich zu sein, stets dazuzulernen und den guten sozialen Kontakt in der Helfergruppe zu pflegen. Sigrid Scholz fühlt sich durch die seelsorgerische Arbeit, die sie seit elf Jahren erfüllt, geerdet. „Sie rückt viele Dinge zurecht und zeigt die andere Seite, wenn es Leuten nicht gut geht.“