Damit Start-ups nicht scheitern
Über die Hälfte der Existenzgründer scheitern früh. Ein Gespräch über die Gründe und Beratungsangebote.
Über die Hälfte der Existenzgründer scheitert in den ersten zwei Jahren. Das weiß Rolf Mast aus dem Effeff. Der 67-Jährige ist seit 40 Jahren Unternehmensberater und begleitet kleine und mittelständische Unternehmen — vor allem auch in der Gründungsphase.
Herr Mast, wieso geben so viele Start-ups so schnell auf?
Rolf Mast: Ich vergleiche eine Existenzgründung gerne mit der Leichtathletik: Es geht hier nicht um einen Sprint, sondern es ist ein Marathon. In meiner Beratertätigkeit habe ich festgestellt, dass sehr viele Gründer sehr wohl wissen, was sie wollen. Aber sie setzen sich oft zu wenig mit dem Markt auseinander: Wer sind meine Mitbewerber? Welche Risiken müssen im Vorhinein bedacht werden? Sie kennen zwar den üblichen Marktpreis, der aber muss nicht gleichbedeutend mit dem sein, den sie selbst anbieten. Dann wird die Konkurrenz oft unterschätzt. Deswegen muss man sich sehr lange im Vorhinein damit beschäftigen, wo die Marktlücke ist. Was kann mein Unternehmen besser und inwieweit ist mein Produkt oder Dienstleistung überhaupt gefragt?
Welche Fehler werden noch gemacht?
Mast: Bei Existenzgründungen werden Berater manchmal nur zu Beginn um Rat gefragt, weil es da um die Finanzierungsphase und um die Aufstellung eines Businessplans geht. Die begleitende Beratung in den ersten zwei Jahren wird oft gar nicht mehr in Anspruch genommen. Aber gerade in dieser Phase benötigen Existenzgründer professionelle Hilfe.
Können Sie das konkretisieren? Welche Hilfe wird benötigt?
Mast: Viele glauben, dass wenn sie einen Steuerberater beauftragen, viele Probleme gelöst sind. Aber er bereitet in erster Linie die Steuerunterlagen auf. Nicht immer ist auch er Visionär und setzt sich mit dem Unternehmer zusammen und sagt, in welchem Bereich etwas falsch läuft. Dann würde vielleicht rechtzeitig festgestellt, dass z. B. die ursprünglich kalkulierten Preise nicht mehr kostendeckend sind und neu berechnet werden müssen. Es ist auch besser, rechtzeitig mit der Hausbank zu sprechen, wenn man finanzielle Engpässe erwartet. Wenn der Kontokorrentkredit überzogen wird, dann ist es schon meist zu spät. Oder am Beispiel Werbung: Viele meinen, ein paar Visitenkarten verteilen, Flyer und Homepage reichen als Marketingaktionen aus. Dabei ist die direkte Ansprache potenzieller Kunden, wo auch immer, viel wichtiger, aber das wird zu wenig gemacht. 80 Prozent der Gründer haben betriebswirtschaftliche Defizite.
Also sollte ein Existenzgründer Wirtschaftswissenschaften studiert haben?
Mast: Nein, das muss er nicht. Er kann Berater engagieren. Aber das wiederum schreckt viele ab. Dabei werden Beratungsleistungen vom Land und vom Bund gefördert, die die Hälfte der Kosten übernehmen. Kompetente Hilfe bekommen Gründer auch durch das Netzwerk „Senioren Beraten“. Die Beratungsinitiative der Wirtschaftsförderung Krefeld gibt es jetzt schon seit zehn Jahren. Hierbei handelt es sich um einen Zusammenschluss von Unternehmern, Geschäftsführern und leitenden Angestellten aus Industrie, Bankwesen, Handel und Handwerk, die aus dem aktiven Berufsleben ausgeschieden sind und Wissen an Existenzgründer weitergeben wollen und diesen mit ihrem Know-How zur Seite stehen. Wir nehmen pro Stunde nur 20 Euro. Und natürlich kann sich jeder mit Gründerseminaren bei der IHK weiterbilden.
Was sollte jemand mitbringen, der sich selbstständig machen will?
Mast: Das kann man nicht pauschalisieren. Aber jeder, der sich selbstständig macht, dem sollte bewusst sein, dass das viel Arbeit bedeutet: Eine 60 Stundenwoche ist normal, ohne dass sofort Erträge sichtbar sind. 30 Tage Urlaub kann man zum Start nicht einplanen. Und was passiert im Krankheitsfall? Wer sich damit auseinandergesetzt hat, der hat die richtige Mentalität und kann potenziell erfolgreich sein.