Wirtschaft Die Volksbank wächst – und wartet

Krefeld · Im Kreditgeschäft und bei den Geldern, die die Kunden der Bank anvertrauen, gab es im zurückliegenden Geschäftsjahr ein Plus. Die erhoffte Zinswende aber blieb aus. Eine weitere Herausforderung: Die Gewohnheiten der Kunden verändern sich schnell.

Die Vorstände Christoph Gomanns, Stefan Rinsch und Wilhelm Struck (von links) präsentierten die Bilanz der Volksbank.

Foto: Bischof, Andreas (abi)

Stefan Rinsch hat einen für sich ungünstigen Verlauf der Stimmungskurve gewählt. Am Anfang seines Vortrags zur Bilanz der Volksbank Krefeld nannte der Vorstandsvorsitzende eine Menge positive Zahlen. Am Ende beschäftigte er sich mit den Rahmenbedingungen, die ihm auch auf absehbare Zeit das Leben schwerer machen: von Niedrigzins bis Brexit, von Handelskrieg bis zum hohen Tempo der Digitalisierung.

Rinschs Vorstandskollege Christoph Gommans zeigte an drei Zahlen, welche Konsequenzen Letztgenanntes für den Alltag hat. Die Volksbank unterscheidet drei Typen von Kunden: diejenigen, die ausschließlich persönlich in der Filiale ihre Bankgeschäfte erledigen, diejenigen, die einen Teil digital abwickeln und solche, die dies ausschließlich machen. Zum persönlichen Typ zählt aktuell noch fast die Hälfte der Kunden, die Volksbank rechnet damit, dass die Zahl bis Ende 2020 auf ein Viertel sinkt. Der Hybrid- und der Digital-Typ werden bald 60 beziehungsweise 15 Prozent ausmachen.

Rinsch: „Wir werden
eine Flächenbank bleiben“

Das hat Folgen für die Filialen: aktuell für deren Einrichtung, vorerst nicht für deren Zahl. „Wir haben im Moment nicht vor, Filialen zu schließen“, sagte der Vorstandsvorsitzende Rinsch. Die Volksbank überprüfe aber jährlich die Wirtschaftlichkeit jeder Filiale. „Es liegt also in der Hand der Kunden. Ob man das heutige Filialnetz erhalten kann, wird man sehen, aber wir werden eine Flächenbank bleiben.“ Die Zahl der Mitarbeiter ist dabei trotz der inzwischen automatisierten Vorgänge relativ stabil.

Wie sich Räume und Zuschnitte dadurch verändern, zeigt die wiedereröffnete Filiale in Fischeln. Sie hat einen großen Selbstbedienungsbereich, digitale Plakate und einen Touch-Monitor, über den die Kunden Informationen erhalten und mit den Mitarbeitern kommunizieren können. Der nächste Filial-Umbau ist fürs Frühjahr in St. Tönis geplant.

Neue Finanzierungen trotz schwierigem Immobilienmarkt

Nicht nur die Zahl der Kunden wächst, die die einfachen Bankgeschäfte zu Hause am Computer oder am Automaten erledigen, auch der Bedarf an persönlicher Beratung, wenn es um Anlage, Altersvorsorge oder Eigenheim geht, steigt. Das zeigt sich bei der Volksbank Krefeld daran, dass die Kunden im vergangenen Jahr dem Finanzinstitut mehr Geld anvertrauten als zuvor und dafür gesorgt haben, dass die Summe der Kreditgeschäfte gestiegen ist und trotz des knappen Angebots und der hohen Preise auf dem Immobilienmarkt in 784 Fällen neue Verträge zur Wohnbau-Finanzierung geschlossen wurden. Und dass auch die Zahl der Privat-Girokonten nach oben gegangen sind, die in der Regel Einstieg und Erinnerung für weitere Geschäfte sind.

Das Wachstum gibt der Volksbank Zeit und Kraft, die unter anderem durch die schlechteste Nachricht des zurückliegenden Geschäftsjahrs erforderlich werden. Die Zinswende ist ausgeblieben, ein Ende der Niedrigzinsphase ist nicht absehbar. Rinsch: „Es fällt im Moment schwer, an steigende Zinsen zu glauben.“ Folglich muss die Bank mit niedrigeren Zinsüberschüssen kalkulieren, folglich müssen die Kunden erörtern, inwieweit die hier immer noch verbreitete Liebe zum Tagesgeld weiter sinnhaft ist. Bei null Prozent Zinsen verlieren die Inhaber angesichts der Inflationsrate Vermögen. Der Vorstandsvorsitzende plädiert daher für ratierliches Sparen in Fonds, damit die Marktschwankungen keine oder keine gravierenden Folgen haben.

Die weiteren Faktoren, die das hiesige Geschäftsleben nicht leichter machen, sind täglich auf den vorderen Seiten der Zeitung zu lesen. Die Äußerungen des US-Präsidenten bringen den Aktienmarkt durcheinander, der mögliche ungeordnete Brexit droht, die Bilanz mit einem der wichtigsten Handelspartner zu trüben und Italien kündigt sich als das nächste ganz große Problem für ein ohnehin geschwächtes Europa an. Das Ganze wird auch am Niederrhein spürbar: beim Aktienmarkt direkt, in anderen Punkten wird es den hiesigen Mittelstand mittelfristig erreichen.

Das alles sind Herausforderungen für den ersten Teil der Stimmungskurve bei der Bilanz-Präsentation in einem Jahr.