Wirtschaft Neues Bündnis hilft beim Netzwerken
Einmal bitte Querdenken: Unternehmer haben im Campus Fichtenhain kreative Geschäftsideen vorgestellt.
Krefeld. Wie kann ich als Unternehmer mit Innovationen erfolgreich sein? Wie aus neuen Technologien marktreife Produkte entwickeln? Wer hilft mir dabei und bringt mich mit den richtigen Partnern zusammen? Bei all diesen Fragen hilft das neue Bündnis aus Industrie- und Handelskammern, Wirtschaftsförderungen und Hochschulen am Niederrhein. Um die in den Campus Fichtenhain eingeladenen Geschäftsleute mit Ideen auf das Thema einzustimmen, gaben vier Unternehmer Einblick hinter ihre Kulissen — mit völlig unterschiedlichen Ansätzen, entstanden durch kreatives Querdenken.
Jongleur Christoph Rummel sorgte für den unterhaltsamen Teil und machte deutlich, dass Kreativität auch beim Jonglieren im Alltag hilfreich ist: Immer in Bewegung bleiben und sich neu orientieren. Seine Jonglage mit einem Messer nennt er Mut zum Risiko und kommt zu dem Schluss: „Kreativität hat mit Üben, Disziplin und Arbeit zu tun.“
Der Wuppertaler Unternehmer Jörg Heynkes begann mit einer Umfrage unter den Gästen. Dabei zeigte sich, dass die sozialen Medien nicht flächendeckend genutzt werden. „Wer nicht am Ball bleibt, wird abgehängt“, warnt er und nennt Nokia als Beispiel. „Als das Unternehmen aufwachte, war es schon zu spät.“ Keiner habe Apple-Gründer Steve Jobs glauben wollen, als er sagte, er werde die Welt komplett verändern. Mit Amazon und Google seien wahre Datenkraken entstanden. Das biete riesige Chancen, könne aber auch Angst machen. Dennoch gelte: „Innovationen verändern die Welt. Neu ist nur das Tempo dabei.“
Heynkes prophezeit, dass in 260 Wochen — also etwa bis 2021 — die vierte große industrielle Revolution vorangetrieben wird. Seine Beispiele der neuen Welt: Der Markt für E-Autos explodiert. Autos fahren ohne Lenkrad, Bremse und Gaspedal, was Unfälle ausschließe. Autos zu kaufen, mache dann keinen Sinn mehr.
Mit 3-D-Druck für Beton, Holz und Glas werden ganze Häuser gebaut. Die Medizin druckt Gelenke, Organe und Haut. Selbst die eigenen Schuhe können individuell zu Hause gedruckt werden. Computer als „Personal digital assistent“ lernen von ihrem PC-Besitzer. Zwei Ohrstecker genügen, um sich bei Konferenzen die Reden simultan in alle Sprachen übersetzen zu lassen, was das Erlernen von Fremdsprachen überflüssig mache. Die Arbeit, das ganze Leben ändere sich total.
Stephan Rahn, Chef der Unternehmenskommunikation des Neusser Konzerns 3M, sagt, Innovation sei der größte Erfolgstreiber. Anstelle eines Innovationsmanagers und betrieblichen Vorschlagswesens setze man auf das Potenzial der 90 000 Mitarbeiter, fördere deren Stärken und Talente. Das Geheimnis: Motivierte, wertgeschätzte Mitarbeiter fühlen sich jeden Tag wie in einem Start-up. Das funktioniere allerdings nur, wenn man diese Unternehmenskultur hege und pflege.
Verena Heinrichs vom Start-up-Unternehmen Social You aus Aachen meint, man müsse nicht immer querdenken, manchmal helfe schon nachdenken. Aus den sozialen Medien könne man alles über Kunden erfahren, zum Beispiel Geschlecht, Familienstand, Autotyp, Haustier und Hobby. Daraus könne man Marktanalysen erstellen über das Verbraucherverhalten, was zum Beispiel ein SUV-Hersteller perfekt umgesetzt habe — bis zum Ministaubsauger und zur Hundedusche.
Peter Kowalsky, Mitglied der Unternehmerfamilie, die Bionade zum Verkaufsschlager machte und das Unternehmen dann verkaufte, stellt die gewagte These auf „Durch Scheitern zum Erfolg“. Zehn Jahre lang habe man Bionade erfolglos entwickelt. Das erste selbst gebraute, alkoholfreie Getränk in einer Bierflasche: ein Reinfall. Bis man über die sozialen Medien in den Markt vordrang und mit dem Scheitern der Produktstrategie warb.
Jetzt versucht es Kowalsky mit einem neuen Naturprodukt auf Ginseng-Basis namens Inju — bislang erfolglos. „Man muss an seinen Erfolg glauben“, sagt er. Und einen langen Atem haben.
WDR-Moderatorin Beate Kowollik ließ zum Schluss IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz ein Fazit ziehen. „Wir alle müssen täglich alles in Frage stellen und querdenken“, sagt er. Bei Innovationen gelte es stets, auch Widerstände zu überwinden.
Jedes Unternehmen müsse — wie 3M — seinen eigenen Weg finden. Das neue Bündnis wolle dabei helfen und nach zwei Jahren kritisch Bilanz ziehen.