Wirtschaft Trotz Niedrigwasser Rekordjahr für Rheinhafen

Krefeld · Sinkender Pegel lässt die Transportmengen zwischen September und November sinken. Das Glück des Hafens: Straße und Schiene können Verluste ausgleichen.

Dass die Warentransporte ganz leicht auf Straße und Schiene ausweichen können, ist bei Niedrigwasser des Rheins ein Segen.

Foto: ja/Bischof, Andreas (abi)

Das Jahr 2018 hatte es für die Binnenschifffahrt und die sie nutzenden Unternehmen in sich. Ab Januar beeinträchtigte Hochwasser den Schiffsverkehr mit tageweisen Sperren in Köln und Einschränkungen in Düsseldorf und Krefeld. Bereits im Frühjahr, so früh wie noch nie, führte der Rhein dank fehlender Niederschläge Niedrigwasser, das ab Juli zunehmend Tiefststände wie zuletzt 2003 erreichte.

Für Krefeld bedeutete das Niedrigwasser, dass die Schiffe nur noch bis zu einem Fünftel ihrer üblichen Fracht transportieren konnten. Andreas Hamm, Assistent des Geschäftsführers der Neuss-Düsseldorfer Häfen, nennt ein Beispiel: „Ein großes Rheinschiff von 110 Metern Länge transportiert bei einer Abladetiefe (Tiefe, um die ein Schiff ins Wasser einsinkt) von 3,50 Meter noch 3000 Tonnen, bei 1,50 Meter nur noch 600 Tonnen.“

Im November rund 120 000 Tonnen weniger als im Vorjahr

Die wirtschaftlichen Folgen sind drastisch. Das Niedrigwasser des Rheins belastet die Wirtschaft, weil viele Massengüter per Binnenschiff transportiert werden. „Sinken die Pegelstände, müssen große Schiffe weniger Fracht laden oder kleinere Schiffe den Transport übernehmen, um nicht auf Grund zu laufen“, erläutert Hamm den finanziellen Schaden. Zuletzt war es in der Region deswegen sogar zu Kraftstoff-Lieferengpässen bei Tankstellen gekommen (die WZ berichtete). Um die Verluste etwas auszugleichen, wurden Kleinwasserzuschläge auf Binnenschifftransporte erhoben, die zwischen Schiffern und Auftraggebern verhandelt werden müssen. Dadurch verschlechtert sich aber die Wettbewerbsposition des Verkehrsträgers „Binnenschiff“ gegenüber Bahn- und Straßentransport.

Im Rheinhafen Krefeld lagen die Transportmengen laut Hamm vor allem in den Monaten September bis November 2018 deutlich unter den Tonnagen des Vorjahres. Nach dem Spitzenwert von 334 000 Tonnen im August waren es im November lediglich noch rund 200 000 Tonnen und damit rund 120 000 Tonnen weniger als im Vorjahresmonat. Auf das gesamte Jahr bezogen fällt der Mengenverlust beim Hafen mit rund zwei Prozent aber moderater als erwartet aus.

Profitiert hat durch die geringen Pegelstände die Eisenbahn. Insgesamt ist 2018 mit 5,2 Millionen Tonnen für den Rheinhafen, der trimodal mit Fluss, Straße und Schiene arbeitet, ein Rekordjahr.

Beschränkungen der Rheinschifffahrt wegen Niedrigwasser gab es keineswegs nur im verganenen Jahr, sondern schon in den Jahren 2003, 2005, 2006, 2009 und 2011. Von Hochwasser war die Schifffahrt bereits um den Jahrtausendwechsel und um das Jahr 2011 herum eingeschränkt. „Wir können nur hoffen, dass das langanhaltende Niedrigwasser des letzten Jahres nicht zum Dauerzustand in den kommenden Jahren wird“, sagt der Experte. „Schließlich ist die Mobilität für die Volkswirtschaft unverzichtbar.“

Auswirkungen des Klimawandels werden gerade untersucht

Die logistische Entwicklung der letzten Jahre verschärft zudem die wetterabhängige Situation. So hat laut Hamm die Abhängigkeit der Verlader und Empfänger zugenommen, weil die Lagerkapazitäten reduziert wurden und immer häufiger just-in-time geliefert wird.

Auch die Veränderung der Flotten zu immer größeren Schiffseinheiten macht die Transporte bei Niedrigwasser nicht gerade flexibler. „Es kommt daher zunehmend auf kluge logistische Planung und gegebenenfalls auf die trimodale Nutzung an“, sagt Hamm.

Die Frage bleibt, welche Auswirkungen der Klimawandel in der Zukunft haben wird. Die Internationale Kommission zum Schutz des Rheins (IKSR) hat erst im Mai 2018 die letzte Bestandsaufnahme zu den Niedrigwasserständen gemacht.

Darin stellt sie unter anderem fest, dass sich Niedrigwasser unmittelbar auf Wasserqualität und Ökologie auswirkt. Unter anderem betroffen seien Schifffahrt, Energieerzeugung, Industrie, Landwirtschaft, Tourismus und Freizeit sowie Sicherheit von Infrastrukturanlagen. Des Weiteren könnten sich durch Auswirkungen des Klimawandels Entstehung und Ausmaß von Niedrigwasserereignissen verändern.

Künftige regelmäßige Analysen sollen Aufschluss darüber geben. „Noch aber liegen keine seriösen und belastbaren Aussagen vor, wie sich der Klimawandel real und langfristig auf die Binnenschifffahrt auswirken wird“, kommentiert Andreas Hamm den aktuellen Stand. „Aus den Erkenntnissen der vergangenen 100 Jahre war das Jahr 2018 allerdings weder bei der Ausprägung noch bei der Dauer des Niedrigwertes auffällig.“