Bildung in Erkrath Vortrag beleuchtet Sklaverei aus heutiger Sicht

Erkrath · Das Ökumenische Bildungswerk Hochdahl zeigte, wie tief die Wurzeln von Ausbeutung und Rassismus wirklich reichen.

Migrationsexperte Serge Palasie zeigte beim Ökumenischen Bildungswerk Hochdahl zahlreiche Zusammenhänge zwischen früherer Sklaverei und heutiger Flüchtlingskrisen auf.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Was haben volle Flüchtlingsboote vor Europas Küsten mit der Geschichte von Sklavenhandel und Kolonialismus zu tun? Diese bewusst provozierende Frage war die Überschrift eines faszinierenden Ausflugs in die Geschichte, den Serge Palasie, Fachpromotor des „Eine-Welt-Netzwerks NRW“ im Paul Schneider Haus mit den Teilnehmern des Ökumenischen Bildungswerkes Hochdahl unternahm. Sklaven gab es in allen Epochen der Weltgeschichte. Doch die „Entdeckung“ Amerikas“, (die eigentlich keine war, denn es gab dort schon Menschen), und deren Folgen mündeten in eine Sklaverei, die einen ganzen Erdteil und deren Menschen betraf und erniedrigte. Sklaven waren von da an nur noch schwarz, der Grundstein des Rassismus. Warum ging Europa auf Entdeckungstour? Asien bestimmte durch die Seidenstraße den Handel von Ost nach West.

Europäer versuchten in die Märkte einzudringen

Die Europäer versuchten mit Schiffen um Afrika herum in die Märkte einzudringen, was viel zu aufwändig war. Daher entschlossen sich die europäischen Staaten, in die andere Richtung auf Entdeckungsreise zu gehen und Columbus und Co. überquerten den Atlantik, der bis dahin – wirtschaftlich betrachtet – ein totes Meer war. Spanier und Portugiesen verschifften Gold in großen Mengen aus Südamerika. Kirchen, Klöster und Bibliotheken auf der iberischen Halbinsel zeugen noch heute davon – doch mit Zucker, im späten Mittelalter ein kostbares Gut, wurde weitaus mehr verdient.

Dann wurde Afrika entdeckt, England, Portugal und Holland sicherten sich die ersten Kolonien, Deutschland folgte erst später, weil das Deutsche Reich erst gegründet werden musste. Billige Tauschwaren wie Glasperlen oder Branntwein wechselten die Besitzer gegen die immensen Bodenschätze wie Eisen, Kupfer, Salz, Gold, Kakao, Kaffee, Baumwolle. Schon Heinrich Heine hat dieses in seinem Gedicht „Das Sklavenschiff“ meisterhaft ätzend beschrieben.

An diesem Tausch verdienten die Eliten, die damit ihre Vormachtstellung manifestierten, zum Beispiel die Fugger und andere Kaufmannsgilden. Dabei gab es im 14. Jahrhundert einen Herrscher in Mali – heute durch elenden Bürgerkrieg ins Bewusstsein der Menschen gelangt – einen Herrscher namens Kanku Musa, dessen legendärer Reichtum heutige Milliardäre in den Schatten stellt, Bill Gates, Warren Buffet und Mark Zuckerberg inclusive. Das war zu Zeiten des sogenannten goldenen Zeitalter Malis, dem 13. und 14. Jahrhundert.

Der Sklavenhandel erbrachte das Kapital, mit dem die Industrialisierung finanziert werden konnte. Es gab sogar Aktiengesellschaften, deren Geschäftsbasis der Sklavenhandel war. Damit begann der nächste Schritt der Ausbeutung: Die Rohstoffe kamen aus Afrika, verarbeitet wurden sie jedoch in Europa. Damit stieg ihr Wert. Das gilt bis heute: In Ruanda sollten Textilfabriken entstehen, doch Amerika drohte mit Sanktionen, somit hatten sie keine Chance auf dem Markt.

Auch in Afrika gibt es Eliten,
die die Strukturen beibehalten

Auch Handys und Laptops aus Afrika können hier nicht verkauft werden, da auch Europa zu hohe Zölle erhebt. Aber gerechterweise muss erwähnt werden, dass es auch in Afrika Eliten gibt, die überhaupt kein Interesse haben, an den wirtschaftlichen Strukturen etwas zu verändern. Das hieße ja, den Ast abzusägen, auf dem man selbst sitzt. Die Ausstellung, mit der Serge Palasie seine Aufklärungsvorträge begleitet, zeigen informativen Karten, die die Einflusssphären von damals und heute zeigen und naive, aber eindrucksvolle Bilder des Künstlers William Adjété Wilson mit der ebenso abgegrasten wie trefflichen Überschrift: „Das Boot ist voll“. Kompliment an das Veranstaltungsteam des Ökumenischen Bildungswerkes mit Ursula Schulte, sich diesem Thema, das noch längst nicht aufgearbeitet ist, zu widmen.