Der Intellektuelle im Rathaus
Werner Hallauer war von 1930 bis 1935 Bürgermeister Erkraths. Dann geriet er in das Schussfeld der Nationalsozialisten.
Erkrath. Mit Werner Hallauer trat der dritte offizielle Erkrather Bürgermeister am 12. August 1930 sein Amt an. Nach dem eher schillernden, aber aufbrausenden Johann Kaiser und dem fleißigen und zähen Pragmatiker Franz Zahren war es nun ein Intellektueller, der in die Amtsstuben einzog.
An sein Diplom in der kommunalen Verwaltung hatte Hallauer noch ein weiteres Studium angeschlossen. Jura, Philosophie, Volkswirtschaft und Betriebswirtschaft: Am Schreibtisch des Bürgermeisters saß ein gebildeter Mann, der dazu noch einen vorbildlichen Lebenswandel führte. Katholisch, verheiratet, drei Kinder. Es gab schlicht und einfach keine Schattenseiten.
Mit Engagement stürzte sich der Verwaltungschef in sein Amt, diskutierte das Für und Wider der kommunalen Neugliederung und trieb den Straßen- und Wohnungsbau voran. Aber schon ziemlich bald nach der Amtseinführung zogen dunkle Wolken auf. Und die kamen diesmal keineswegs aus dem eigenen Haus und der eigenen Gemeinde, sondern aus dem politischen Umfeld, das sich nach und nach bis in die Provinz ausbreitete.
Die Ermordung des SS-Mannes Kurt Hilmer am 20. Juni 1932 war eine erste, ernsthafte Bewährungsprobe für Bürgermeister Hallauer, der sein Bedauern über den „Meuchelmord“ ausdrückte, für den Kommunisten aus dem benachbarten Gerresheim verantwortlich gemacht wurden. Nur wenige Monate später wurde Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannt, was auch der Erkrather NSDAP zusätzliche Stimmen einbrachte.
Zwar hatte die Zentrums-Partei, der auch Bürgermeister Hallauer angehörte, noch die Ratsmehrheit. Und dennoch wurde es nach dem Erlass des Innenministeriums, der den Ausschluss der KPD-Mitglieder aus dem Stadtrat vorsah, auch kommunalpolitisch sehr schwierig.
So schwappte also die Welle nationalsozialistischer Machtergreifung über Erkrath, ohne dass sich der Stadtrat dieser politischen Entwicklungen hätte entziehen können. Im Gegenteil: Anfangs schien es sogar noch so, als könne man mit der NSDAP gemeinsame Sache machen, um die Erkrather Angelegenheiten auf einen für die Bürger guten Weg zu bringen.
Auch äußerlich manifestierten sich die neuen Verhältnisse: „Das Rathaus war mit Fahnen geschmückt, und im Ratssaal hingen die Bilder des Reichspräsidenten Hindenburg und des Reichskanzlers Hitler. Die Nationalsozialisten traten in SA-Uniform auf, und die Sitzungen endeten mit dem Absingen des Deutschlandliedes und des Horst-Wessel-Liedes“, berichtet Stadtarchivarin Erika Stubenhöfer aus der Stadtchronik.
Und so ging es weiter: Immer mehr Nationalsozialisten unterwanderten die kommunalen Ausschüsse, bis schließlich ein nationalsozialistischer Beschlussausschuss den Gemeinderat entmachtete. Bürgermeister Hallauer mühte sich anfangs redlich, sich an die gesetzlichen Regelungen zu halten und die Beschlüsse der neuen Machthaber umzusetzen.
Bis ihm schließlich der Kragen platzte und er bei der Abstimmung über die Zusammenlegung der Ämter des Reichspräsidenten und des Reichskanzlers die Erkrather Wahlergebnisse für gefälscht erklärte. Dass die Wahlfälschung später nachgewiesen werden konnte, machte es für Werner Hallauer nicht einfacher. Er geriet ins „Schussfeld“ der NSDAP, die ihm ihrerseits Wahlmanipulation vorwarf und die alte Geschichte um den ermordeten SS-Mann Hilmer aus der Schublade holte, um Hallauer Versäumnisse bei der Aufklärung des Mordes vorzuwerfen.
Am Ende ging alles ziemlich schnell. Die Ratsmitglieder entzogen Hallauer das Vertrauen, und der Landrat schickte den Bürgermeister in „Erholungsurlaub“. Hallauers letzter Eintrag ins Protokollbuch erfolgte am 15. März 1935, danach wechselte er als Bürgermeister nach Burscheid.