Eine Fotoausstellung birgt Zündstoff
Nina Mickiewicz zeigt 30 Frauen, so wie sie sind — behindert, ungeschminkt, mit Bauch. Die Bilder machen den Betrachtern Mut.
Erkrath. Das war beileibe keine Ausstellung, die gefallen wollte, eher war das Nachdenken über sich selbst das Ziel, das sich Nina Mickiewicz gesteckt hatte, als sie — angeregt durch den Film „Embrace“ - sich entschlossen hatte, das Projekt „Vielfalt der Schönheit“ anzugehen. Die gelernte Fotografin mit Studio in Erkrath fand durch Aufrufe in den sozialen Medien 30 Frauen, die dieses Projekt unterstützen wollten. Es ging nicht darum, Mannequins abzulichten und selbst winzige Spuren der Unvollkommenheit zu retuschieren, nein, hier stellten sich Frauen in den Dienst einer Aufklärung, einer Besinnung auf das Wesentliche im Leben, das nicht ein makelloser Körper sein sollte.
Mit sich ins Reine kommen, sich zu akzeptieren und das Leben zu genießen, davon zeugten die kurzen Biografien der Frauen, die sich aus unterschiedlichsten Gründen befreit haben. Befreit von dem Druck, perfekt zu sein, befreit von dem Druck, immer nur gefallen zu wollen: „Das Leben ist zu kurz, um ständig den Bauch einzuziehen“ oder „Mein Lachen ist wie die Sonne und mein Bauch ist gemütlich“ waren Erkenntnisse, die das Leben der abgelichteten Frauen verändert haben.
Diana, die als Heimkind so verletzlich wurde, oder Nora, der aufgrund einer bakteriellen Infektion im Alter von 18 Monaten beide Beine amputiert wurden, oder Silvana, die durch den Film „Embrace“ ihre Einstellung zum Leben änderte und sagt: Jeder ist schön, so lange er sich selbst akzeptiert. Berührende Fotos von Frauen, die in einer Welt leben möchten, in der die Tochter nicht in ihrer Vielfalt gebremst wird.
Unglaublich viele Besucher, ganz viele junge Familien, kamen am Wochenende in das Haus Neanderthal No.1, das Besitzerin Caterina Klusemann für diese Ausstellung geöffnet hatte. Hoch über dem Neandertal auf der Dachterrasse des Hauses konnten die Gäste der Musik des Duos „Die feine Gesellschaft“ lauschen, etwa trinken und sich austauschen.
Stephanie und ihr Partner philosophierten über die Jahrtausende alte Erziehung, die den Mädchen abverlangte, stets hübsch und gefällig zu sein. Dagegen könnten Männer ihr Äußeres sehr wohl auch hinten anstellen und dennoch schöne Frauen wie selbstverständlich erwarten. Aber Frauen seien ihren Geschlechtsgenossinnen gegenüber kritischer, da blinkt die Konkurrenz auf. Marc, ein weiterer Gast, meinte, dass Frauen eher bereit wären, über Defizite hinwegzusehen. Sie seien nicht so oberflächlich wie Männer. Mit zunehmendem Alter setze aber ein Reifeprozess ein. Drei Besucherinnen reiferen Alters fanden die Ausstellung fantastisch und Petra, durch Krebsoperationen von Narben nicht verschont, würde sich auch bei einem solchen Projekt fotografieren lassen. Außerdem wird sie sich für den nächsten Urlaub wieder einen Bikini zulegen - basta. Berührt und bewundernd ob des Mutes dieser Frauen, verlassen die Besucher die Ausstellung. Der Erlös geht an den Verein „Dunkelziffer.“