Fernwärme-Streit in Hochdahl
Jahrelang haben Hausbesitzer viel zu viel Geld an Heizkosten gezahlt. Jetzt werden neue Verträge abgeschlossen.
Hochdahl. Seit 35 Jahren wohnt Hartmut Melzer mit seiner Frau in Hochdahl. Seitdem heizt er sein Haus mit Fernwärme aus dem Werk der RWE am Klinkerweg — und hat dafür offenbar wie viele Hochdahler viel zu viel bezahlt. „Ich habe es von einem Bekannten erfahren und RWE im Oktober angeschrieben, um die Grundpreiskosten zu senken“, sagt er. „Ich sollte einfach einen neuen Wärmeanschlusswert vorschlagen. Mit dem neuen Vertrag, der erst in neun Monaten gilt, zahle ich jährlich rund 300 Euro statt zuvor 750 Euro.“
Nun fragt sich Melzer, wieso er jahrzehntelang doppelt so hohe Grundpreiskosten zahlte. Über einen Rechtsanwalt forderte er die Berechnungsgrundlage an. „Aber RWE hat in der Antwort darauf gar nicht reagiert“, sagt er.
Von Seiten des Energiekonzerns, der den früheren Betreiber Esso Favorit 2009 aufkaufte, heißt es auf Nachfrage: „Der Wärmeanschlusswert kommt immer vom Kunden.“ Der Anschlusswert ist die bestellte Bereitstellungskapazität. Mit ihm werden die Grundpreiskosten berechnet — sinkt der Anschlusswert, sinken auch die Grundpreiskosten.
„In den vergangenen Monaten haben Kunden Anschluss- und Versorgungsvertrage gekündigt und neue Verträge mit uns vereinbart“, sagt RWE-Sprecherin Sabine Schmelter. „In solchen Fällen ist der neue Anschlusswert oft niedriger als der Wert, der zu Beginn des zuvor gekündigten Vertrags bestellt wurde.“
Die Kunden waren Ende der 1960er-Jahre Bauträger, die die Grundstücke von der Entwicklungsgesellschaft Hochdahl gekauft hatten. Letztere hatte im Juli 1966 mit Esso einen Vertrag über das Fernheizwerk Hochdahl abgeschlossen. Seitdem besteht in Hochdahl Fernwärmeheizzwang.
„Die Bauträger wurden verpflichtet, die Verträge an spätere Eigentümer weiterzugeben. Bis 2002 waren die Anschlusswerte festgenagelt. Man hätte sein halbes Haus abreißen können und hätte trotzdem den vollen Preis bezahlt“, sagt Bernhard Osterwind, Fraktionschef der BmU.
Die BmU setzte sich vor zehn Jahren dafür ein, dass die Laufzeit der Verträge auf maximal zehn Jahre begrenzt wurde und Hausbesitzer danach die Anschlusswerte frei wählen können. Schließlich haben viele im Laufe der Jahre wärmedämmende Maßnahmen durchgeführt.
„Das Fernheizwerk war damals eine richtige Gelddruckmaschine. Einen ganzen Stadtteil mit einem Monopol zu überziehen, war ein Fehler“, sagt er. „Man hätte die Versorgung in kommunale Trägerschaft legen sollen.“ Zudem sei die Preisgestaltung nach wie vor nicht transparent.
„Die 40 Jahre alte Anlage ist abgeschrieben. Das Geld hat der private Versorger längst verdient. Aber der Gewinn wurde ja nie veröffentlicht“, beklagt Osterwind, der aber betont, dass er Fernwärme für ein gutes, weil umweltfreundliches Prinzip halte. „Aber die Transportrohre, die unter der Straße verlaufen, haben eine mangelhafte Isolierung. Das kann man im Winter an getauten Stellen auf der Straße sehen.“
Für Hartmut Melzer ist der Fall klar: „RWE zockt die Leute weiter ab. Nur wer weiß, dass man niedrigere Anschlusswerte geltend machen kann, hat die Möglichkeit, zu reagieren.“