Fünf Messerstiche in der S-Bahn: Angeklagter spricht von Notwehr
Im Fall eines verletzten 27-jährigen Erkrathers wird jetzt neu verhandelt.
Hochdahl. Er wollte nur den Geburtstag eines Freundes in der Düsseldorfer Altstadt feiern, doch am nächsten Morgen musste dem 27-jährigen Mann aus Erkrath in einer Operation das Leben gerettet werden. Seit Dienstag steht der mutmaßliche Täter — ein Wuppertaler (25) — vor dem Landgericht. Er soll den 27-Jährigen — er tritt als Nebenkläger auf — mit fünf Messerstichen lebensgefährlich verletzt haben.
Im Mai 2010 waren die Männer und ihre jeweiligen Begleiter um 4 Uhr in der S 8 in Richtung Wuppertal aufeinander getroffen, wobei es zum Streit kam. Der Angeklagte schilderte, dass die Aggressionen von der Gruppe um den Nebenkläger ausgegangen seien. Einer der Männer habe seinen Cousin in den Schwitzkasten genommen und versucht, ihm die Augen in die Höhlen zu drücken.
„Ich hatte Angst. Ich bin solche Situationen nicht gewohnt“, sagte der bislang nicht vorbestrafte Angeklagte, der nach Fachabitur und Ausbildung einen sicheren Job gefunden hat. In der Tatnacht habe er sich daran erinnert, dass er ein Messer — das er normalerweise nur bei der Arbeit bei sich trage — in seiner Jacke hatte. Als der Nebenkläger mit erhobener Faust auf ihn zugekommen sei, habe er zugestochen — in Notwehr.
Der Nebenkläger schildert den Fall völlig anders: Die Gruppe um den Angeklagten habe sich aggressiv verhalten. Als auf ihn eingestochen wurde, habe er auf dem Boden gelegen, von Notwehr könne keine Rede sein. So sah es im März dieses Jahres auch das Amtsgericht Mettmann: Es verurteilte den 25-Jährigen zu einer Haftstrafe von einem Jahr und drei Monaten auf Bewährung.
Außerdem sollte er 6000 Euro an den Nebenkläger zahlen, der am Dünndarm genäht werden musste und dessen Zwerchfell durchstochen worden war. Weil der Angeklagte Einspruch gegen das Urteil einlegte, wird der Fall nun am Landgericht aufgerollt. Richter Christoph Märten wunderte sich am Dienstag, dass der Angeklagte das erstinstanzliche Urteil nicht akzeptiert hat: „Sie haben am Amtsgericht eine sehr milde Strafe erhalten. Notwehr sehe ich nicht mal annähernd.“