Erkraths Geschichte und die verschlafene Reformation
Zwei Heimatforscher belegen in einem Geschichtsband, dass Erkrath vor 500 Jahren seiner Zeit hinterherhinkte.
Erkrath. Stolz präsentiert Hans-Joachim Dietz, Vorsitzender der Abteilung Erkrath des Bergischen Geschichtsvereins, den neuen fünften Band der Schriftenreihe „Niederbergische Geschichte“.
„Dabei haben wir uns ein Thema ausgesucht, über das lokalgeschichtlich erst sehr wenig bekannt ist“, sagt Dietz. „Es geht um die Reformation und wie diese in Erkrath ablief“, sagt er. Mit dem Thema beschäftigt haben sich Gerd-Michael Petruck und Roland Koschmieder, beide Mitglieder des Vereins und Hobby-Historiker.
Aufgeteilt ist das Buch in zwei Kapitel: Zuerst beschäftigte sich Petruck mit der Reformation allgemein, im zweiten Teil beschreibt Koschmieder die Auswirkungen der Kirchenspaltung auf Erkrath.
„Dabei habe ich Erkenntnisse gewonnen, die mich zum Teil sehr überrascht haben“, sagt Koschmieder. „Während die Reformation bereits seit 1517 im gesamten Deutschen Reich spürbar war, ging sie an Erkrath zunächst spurlos vorbei — das war alles sehr verschlafen hier.“
Erst 50 Jahre später sei die Reformation dann auch in Erkrath angekommen: „Um das Jahr 1570 herum begann der damalige katholische Erkrather Pfarrer Franz Wessel in seiner Gemeinde reformiert zu predigen“, sagt Roland Koschmieder.
Das sei jedoch nicht lange geduldet worden, denn zur damaligen Zeit stand es dem katholischen Herren von Haus Unterbach zu, den Pfarrer zu entlassen und einen neuen zu bestimmen — ohne weitere Erklärung.
Koschmieder stieß bei seinen Forschungen dabei auf eine uralte Legende: „Im Jahre 1571 soll der Herr von Haus Unterbach mit einer Hand voll Knechten in die Pfarrkirche geritten sein, und den Pfarrer gewaltsam vertrieben haben“, sagt er. Wie viel davon wahr ist, sei jedoch heute nicht mehr festzustellen.
„Fakt ist jedoch, dass 1571 ein neuer, streng katholischer Pfarrer nach Erkrath versetzt wurde — danach war erst einmal Ruhe.“ Früchte getragen habe die Reformation in Erkrath erst 100 Jahre nach der Vertreibung Pfarrer Wessels.
Koschmieder: „1677 gründete sich dann die erste reformierte Gemeinde in Erkrath und zwar auf der heute nicht mehr bestehenden Wasserburg Bavier. Dort fanden dann auch Gottesdienste der Gemeinde statt. Der Raum wurde jedoch schnell zu klein, und eine erste eigene Fachwerkkirche wurde in Alt-Erkrath errichtet.“
An gleicher Stelle befindet sich heute das evangelische Gemeindezentrum. „Das war jedoch kein guter Ort für Gottesdienste — die Kirche war klein und zugig.“ Also wurde schon 1831 eine neue Kirche gebaut.
„Da die Gemeinde kein Geld mehr hatte, gab es allerdings keine Glocken, und die katholische Kirche musste für die Reformierten mit läuten“, sagt Koschmieder.