Fall Daniel vor Gericht
Prozess: Der zweijährige Junge aus Erkrath wurde zu Tode gequält. Angeklagt sind der Stiefvater (23) und die Mutter (31).
Hochdahl. Selbst den hart gesottenen Notärzten stockte der Atem, als sie am 12. Mai vergangenen Jahres die Hochhauswohnung an der Eichendorffstraße betraten. Zu erschütternd war der Anblick des kleinen Daniel, der vor ihnen auf dem Boden lag. Mehr als eine halbe Stunde lang versuchten sie, den Jungen ins Leben zurückzuholen. Vergeblich. Die Schläge, Tritte und Verbrühungen, die der Zweijährige über sich ergehen lassen musste, hatten zu solch schweren inneren Verletzungen geführt, dass sein geschundener Körper keine Chance hatte.
Am Freitag um 9.15 Uhr beginnt vor der 5. Strafkammer des Wuppertaler Landgerichts das Verfahren gegen Daniels mutmaßliche Peiniger. Auf der Anklagebank: seine Mutter Olga G. (31) und deren Lebensgefährte Alex G. (23). „Bei Daniels Mutter lautet die Anklage auf gefährliche Körperverletzung mit Todesfolge durch Unterlassen“, sagt Staatsanwältin Friedel Heuermann. „Bei Alex G. auf gefährliche Körperverletzung mit Todesfolge durch aktives Tun.“ Während die Juristin das sagt, schüttelt sie den Kopf. „Wie kann die Mutter das bloß mit angesehen haben? Obwohl sie erkannt haben musste, wie es um ihren Jungen steht, hat sie keine Hilfe geholt.“
Wann das Martyrium des kleinen Jungen im Erkrather Ortsteil Hochdahl begann, kann bisher nur gemutmaßt werden. Fest steht, dass Olga G. von Daniels leiblichem Vater getrennt lebte und mit Alex G. erst wenige Monate zusammen war.
Laut Obduktion wurde Daniel nicht nur einmal, sondern mehrfach misshandelt. So soll Alex G. den Jungen vorsätzlich mit kochendem Wasser verbrüht haben, ihm im Genitalbereich „erhebliche Quetschungen“ zugefügt und den Zweijährigen mit Schlägen und Tritten malträtiert haben.
Am 12. Mai 2010, Daniels Todestag, eskalierte die Situation offenbar. Erneut soll der Angeklagte Daniel massive Verletzungen, darunter großflächige Verbrühungen, beigebracht haben. Hinzu kamen laut Anklage „blutende Verletzungen an der Brust“. Kurz darauf soll Daniel den Verletzungen erlegen sein. Es war an jenem verhängnisvollen Tag ausgerechnet Alex G., der den Notarzt alarmierte.
Anfangs bestritten Olga G. und ihr Lebensgefährte jede Tat. Der Junge habe sich beim Spielen verletzt, die Verbrühungen seien entstanden, weil der Heißwasserkocher in Daniels Reichweite gestanden hätte. Die Ermittlungen ergaben jedoch schnell ein anders Bild, so dass Olga G. und Alex G. in Untersuchungshaft landeten. Dort beschuldigten sie sich dann gegenseitig.
Während Daniels Mutter bereits Anfang September aus der U-Haft entlassen wurde, sitzt ihr Freund bis jetzt hinter Gittern. „Der Haftbefehl gegen Olga G. blieb natürlich die ganze Zeit bestehen“, sagt Heuermann. „Allerdings konnten wir Fluchtgefahr ausschließen. Und: Sie hat Angaben zur Sache gemacht.“ Die Frau hat drei weitere Kinder.
Was die Staatsanwaltschaft ebenfalls interessiert: Wie kann es sein, dass niemand in dem Haus etwas von den Quälereien gewusst haben will? Zwar zeigen sich die Bewohner bestürzt und fassungslos, aber mitbekommen hat angeblich niemand etwas.