Arme und Reiche leben kaum nebeneinander
Analyse: Einkommensschwächere werden auch in Hilden durch steigende Mieten verdrängt.
Hilden. Wer Hartz IV oder andere Sozialleistungen bezieht, wohnt auch in Hilden heute vermutlich häufiger in der Nähe ähnlich sozial schwacher Nachbarn als noch vor 15 Jahren. Die räumliche Trennung nach Einkommenshöhe ist in den vergangenen Jahren in Deutschland jedenfalls gewachsen. Dies belegen gleich mehrere neue Studien.
Und die Schere wird nach Auffassung von Experten wie dem Monheimer Makler Frank Erlinghagen gerade in Städten wie Hilden zukünftig auch weiter auseinandergehen — „es sei denn, die Stadt greift in die Kasse und schafft selbst Wohnraum im Zentrum, der auch für Einkommensschwächere bezahlbar ist“, wie er jetzt besonders betonte.
Frank Erlinghagen, Makler aus Monheim
Erlinghagen hat für das Fachmagazin „Capital“ an einer Untersuchung zur Wohnraumentwicklung mitgewirkt, die unter anderem ergab: Weil vielen Düsseldorfern das Leben in der City zu teuer geworden ist, wächst die Zahl derjenigen, die in gut aufgestellte umliegende Städte ziehen.
Die Stadt Hilden ist ein Paradebeispiel: Fast alle 20 Minuten fährt die S-Bahn, in der Mittelstraße finden sich mehr gängige Markengeschäfte als in mancher Großstadt. „Im Südosten Düsseldorfs gibt es keine Stadt mit besseren Einkaufsmöglichkeiten“, lobt Frank Erlinghagen. Aber genau das hat auch Folgen für den Wohnungsmarkt. Und die sind nicht ohne.
Die Monatsmiete einer Neubauwohnung beträgt in Hilden inzwischen im Schnitt 10,80 Euro pro Quadratmeter. Das ist teurer als in den Düsseldorfer Stadtteilen Gerresheim, Eller, Benrath oder Wersten.
Der Trend in die umliegenden Städte verdrängt nach Auffassung von Experten wie Makler Erlinghagen immer mehr sozial Schwächere in die Randgebiete. Zu dieser Entwicklung hat auch das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung jetzt ein Diskussionspapier erstellt. Es zeigt: Besonders stark ausgeprägt ist die Verdrängung bei armen Familien mit kleinen Kindern.
Dieser demografische Einfluss ist den Wissenschaftlern zufolge sogar manchmal noch bedeutsamer als das Mietniveau. Dennoch: Je mehr Sozialwohnungen in einem Stadtteil existieren, desto höher ist die Armutskonzentration. Und das sind in der Regel nicht die Stadtzentren.
Hinzu kommt: Wer Wohnraum mieten muss, hat weitere wirtschaftliche Nachteile. Eine Analyse des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) von Mieten und Wohneigentümerkosten für 401 Kreise im Bundesgebiet ergab jetzt: Der Kostenvorteil der Selbstnutzer gegenüber den Mietern betrug im vierten Quartal vergangenen Jahres rund ein Drittel.
Insgesamt sei Wohneigentum in allen Kreisen aktuell günstiger als das Wohnen zur Miete, stellen die Experten fest. „Wenn Hilden die Verdrängung stoppen will, wird die Stadt wohl selbst investieren müssen“, sagt Makler Frank Erlinghagen. Angesichts der Gewinne, die sich auf dem freien Wohnungsmarkt zurzeit erzielen lassen, auf einen Investor zu hoffen, der „bezahlbaren Wohnraum“ schultere, sei schlichtweg illusorisch, hält er fest.