Diebe legen Bahnhof lahm
Die Züge der S 8 fuhren über andere Gleise, weil Ankerseile der Oberleitung gestohlen wurden.
Gruiten. An keinem anderen Ort in Gruiten dürften sich gestern so viele Menschen geärgert haben wie am Bahnhof. Das Schauspiel wiederholt sich: Einige Fahrgäste warten auf dem Bahnsteig. Dann eine Durchsage — es folgen entsetzte und genervte Gesichter sowie der Abzug vom Gleis.
Denn die Durchsage teilt den Wartenden seit den Morgenstunden mit, dass an den Gleisen drei und vier erst einmal kein Zugverkehr möglich sei. Grund: eine Oberleitungsstörung. Die Stimme aus dem Lautsprecher verweist auf die Möglichkeit, mit der RB 48 bis zum Wuppertaler Hauptbahnhof zu fahren und dort umzusteigen.
„Das gibt es doch nicht. Es läuft so oft was schief bei der Bahn“, schimpft Jennifer Kuboth. Die 19-Jährige tippt auf ihrem Smartphone — sie hat sich im Internet darüber informiert, warum die S-Bahn der Linie 8 nicht kommt. Die Oberleitungsstörung, die regelmäßige Bahnkunden aus diversen Durchsagen kennen, liegt zwischen Wuppertal-Vohwinkel und Gruiten.
„Kabeldiebe haben dort sogenannte Rückankerseile von mehreren Masten gestohlen“, sagt ein Sprecher der Deutschen Bahn. Wie viele Masten betroffen sind und wie hoch der Schaden ist, wird noch ermittelt. Fest steht jedoch: „Durch die fehlenden Seile kamen die Masten aus dem Gleichgewicht und die Seile, die sonst straff gespannt sind, hingen etwas herunter“, sagt der Bahn-Sprecher.
In das herunterhängende Seil ist schließlich der Stromabnehmer eines vorbeifahrenden Zuges — laut Bundespolizei handelte es sich um eine Leerfahrt — geraten. „Dadurch wurde ein Stück des Seils heruntergerissen“, sagt der Bahn-Sprecher.
Der „typische Kabelklau“, wie es die Sprecherin der Bundespolizei nennt, kostet die Bahnreisenden in Gruiten einige Nerven und zumindest für diesen Tag ihre Pünktlichkeit. Jennifer Kuboth etwa will zur Schule. Allerdings nicht, um am Unterricht teilzunehmen: „Ich muss meine Karten für den Abi-Ball abholen“, sagt die 19-Jährige. „Die sind nur bis 11 Uhr da.“ Das dürfte knapp geworden sein.
Ärgerlich ist die Panne auch für Elisabeth Schiergen. Sie und ihr Mann wollen nach Düsseldorf zum Friedhof. „Meine Schwester hat heute Todestag“, sagt die Frau und greift nach dem Arm ihres Mannes. „Da muss ich doch heute hin. Jetzt müssen wir einen großen Umweg auf uns nehmen. Sehr ärgerlich“, sagt sie.
Eine Gruppe Schüler greift hingegen auf das Taxiunternehmen „Mutti“ zurück, und auch Berthold Rückert bleibt gelassen: „Ich wollte nach Düsseldorf, Formulare vom Finanzamt holen. Aber das Finanzamt ist ja morgen auch noch da. Dann fahre ich halt morgen.“
Gegen Nachmittag, so der Bahn-Sprecher, fahren die Züge zumindest in Richtung Düsseldorf wieder mit Halt in Gruiten. „Die Reparatur wird bis etwa 18 Uhr dauern. Dann sollte der Bahnverkehr auch in die andere Fahrtrichtung wieder normal ablaufen“, sagt er.