IHK: Hildener Läden brauchen Online-Hilfe

Sie sieht den Einzelhandel abgekoppelt vom Aufschwung. Grund: Mangelnde Internetpräsenz.

Foto: dpa/Büttner

Hilden. Manchmal ist Erfolg der Beginn eines Problems: Alle 340 Einzelhändler von Hilden erwirtschaften zusammengenommen pro Jahr einen Umsatz von rund 456 Millionen Euro. 40 Prozent davon tragen auswärts wohnende Kunden in die Stadt. In Hilden wachsen den Einkäufern drei Beine, wie die beliebte Statue in der Stadtmitte zeigt. Kunden und Händler vergeben Bestnoten. Also alles in Ordnung?

Nein, sagt die Industrie- und Handelskammer Düsseldorf mit Blick auf den stationären Einzelhandel. Diese Branche war ausdrücklich ausgeklammert, als die sonst eher zurückhaltenden Volkswirte jetzt über den besten Jahresstart für die Wirtschaft im Kreis Mettmann seit der Jahrtausendwende jubelten. Wer für sein Ladengeschäft noch immer keine Präsenz im Internet geschaffen habe, verpasse den Anschluss an das moderne Einkaufsverhalten.

Diese Analyse teilt Volker Hillebrand, Chef des Hildener Stadtmarketings. Zusammen mit der IHK und dem Handelsverband will er eine Seminarreihe starten, der die inhabergeführten Geschäfte fit machen soll für die digitale Zukunft. Aktuell hat er die Einzelhändler angeschrieben, wirbt für die vier Termine und fragt noch nach weiterem Schulungsbedarf. Hillebrand hofft, dass möglichst bald alle Händler ihre Kassen und ihr Warenwirtschaftssystem auf den neusten Stand bringen. Wichtig ist aus seiner Sicht die Schnittstelle zu Google. Wer die Jeans einer bestimmten Marke in seiner Größe sucht, soll von der Suchmaschine nicht bloß Amazon angezeigt bekommen, sondern einen Shop in Hilden, in dem die Hose mitnahmebereit liegt. So gehe Einkaufen heute: Orientierung online, möglichst übers Mobiltelefon, Mitnahme an der ganz realen Ladenkasse. Marketing-Mann Volker Hillebrand weiß sehr genau: „Davon sind wir noch weit entfernt.“ Unter anderem, weil diese Digitalisierung Geld kostet.

Wie notwendig diese Investition ist, zeigt die aktuelle Hilden-Umfrage der IHK. In den vergangenen sechs Jahren ist der Anteil von in Hilden direkt gekauften Textilien, Schuhen und Lederwaren um zehn Prozent auf 66 Prozent gesunken. Apotheken-/Drogeriewaren sackten durch von 63 auf 46 Prozent. Bei Haushaltswaren, Porzellan und Glas gingen die Anteile von 34 auf 15 Prozent zurück.

Das ist bittere Realität, wie Anja und Christoph Schürg erfahren haben. Sie sind nicht mehr Eigentümer eines Haushaltswarengeschäftes an der Schulstraße, sondern Betreiber einer Kochshop-Filiale an derselben Stelle. „Das war genau der richtige Schritt zur richtigen Zeit“, bilanziert Christoph Schürg. „Nun sind wir nicht mehr Einzelkämpfer, sondern gehören zu einer starken Gruppe.“ Die ins Internet verlängerte Ladentheke gehört dazu; allerdings derzeit ohne Online-Shop. „Unsere Kunden suchen unsere Telefonnummer und Adresse im Internet. Dann rufen sie an und fragen, ob ein bestimmtes Produkt vorrätig ist“, berichtet Schürg. Einen eigenen Online-Shop führt er derzeit nicht.

„Das würde auch eine Menge Aufmerksamkeit erfordern und ist für die Händler nicht ohne Fußangeln“, sagt Björn Musiol, der beim Handelsverband NRW für den Kreis Mettmann — und damit auch für Hilden zuständig ist. Die Betreiber von Online-Shops müssen sich an viele Regeln halten. Teure Abmahnungen sind keine Seltenheit. Musiol rät Händlern dringend dazu, der Online-Präsenz mehr Aufmerksamkeit zu widmen.

Aus seiner Sicht ist das Mindeste, dass die Google-Einträge über Adresse, Telefonnummer, Mailkontakt und Öffnungszeiten korrekt gepflegt werden. „Darüber orientieren sich mehr Verbraucher, als viele denken.“ In der nächsten Stufe ist es mit einer einfachen Webseite nicht mehr getan. „Die ist ein wichtiger Baustein. Aber zugleich sollte man auf Facebook aktiv sein und je nach Zielgruppe auf weiteren Plattformen.“ Dass all das Zeit kostet, die Händler lieber „in den richtigen Laden“ stecken würden, lässt Musiol nicht gelten. Wer online zu wenig macht, riskiert aus seiner Sicht die Zukunftsfähigkeit seines Ladens.