Kreis Mettmann „Clans schotten sich nach außen ab“

Interview Der Kriminaldirektor für Organisierte Kriminalität beim LKA, Thomas Jungbluth, spricht über „Clan-Kriminalität“ im Kreis Mettmann.

Thomas Jungbluth ist Leitender Kriminaldirektor für Organisierte Kriminalität beim Landeskriminalamt.

Foto: Mikko Schümmelfeder

Herr Jungbluth, Sie haben auf dem bundesweit ersten Symposium zur „Clan-Kriminalität“ im Januar in Essen das Engagement der Mettmanner Kreispolizeibehörde besonders hervorgehoben. Gibt es im Kreis Mettmann größere Probleme mit kriminellen Clans als in anderen Landkreisen?

Thomas Jungbluth: Nein, keineswegs sollte dieser Eindruck entstehen. Im Gegenteil, der Landkreis Mettmann hat sich vor allem durch sein besonderes Engagement hervorgetan. Wir sind bereits seit längerem in dieser Sache in Kontakt mit der Kreispolizeibehörde. Dort ist man sehr aktiv.

Was läuft im Kreis Mettmann anders?

Jungbluth: Vor allem in Erkrath gab es schon vor Jahren Probleme mit den Hells Angels. Die Ermittlungsbehörden haben bereits damals intensive Maßnahmen ergriffen und es gibt eine gute Erkenntnislage, auf die man nun zurückgreifen kann. Dort wurden auch frühzeitig das Ausländeramt, die Jugendämter und die Ordnungsbehörden in die Ermittlungen zur Clan-Kriminalität eingebunden. Von diesen Erfahrungen kann man jetzt profitieren.

Landrat Thomas Hendele sprach im Interview davon, dass alle 100 in NRW verorteten Clans wie auch immer geartete Verbindungen in den Kreis Mettmann hinein haben. Das hört sich nicht danach an, als könnte man sich entspannt zurücklehnen...

Jungbluth: Die Anzahl der Clans ist aus unserer Sicht nicht so entscheidend. Es geht vielmehr um die Gewaltdelikte, die untereinander ausgetragen werden. Wir haben in den vergangenen zwei Jahren ein Lagebild erstellt, das wir bald präsentieren können. Dabei wird es für die Ermittlungsbehörden vor allem dort interessant, wo es um mehrfach straffällig gewordene Clan-Mitglieder geht.

Im Sommer 2016 ist in Erkrath eine Auseinandersetzung zwischen zwei libanesischen Großfamilien eskaliert, bei der auch die Hells Angels involviert waren. Was macht die Rocker-Kutte interessant für kriminelle Clans?

Jungbluth: Das ist in der Tat ein Phänomen, was wir vor allem im Kreis Mettmann beobachten. Man könnte es so sagen: Beide Gruppen leben davon, sich in der Öffentlichkeit zu inszenieren. Mit „Kutte“ durch die Gegend zu fahren, verschafft Clan-Mitgliedern vermutlich gefühlt mehr Aufmerksamkeit und ihre Geschäftsinteressen lassen sich so besser durchsetzen. Eine solche Symbiose führt jedoch zu einer schwierigen Gemengelage mit den besagten Auswirkungen.

Das Hells Angels Charter „Concrete City“ in Erkrath wurde doch nach einer Razzia in der Rockerszene im Herbst 2017 verboten...

Jungbluth: …was nicht heißt, dass es die Member nicht mehr gibt. Das Vereinsverbot und das Kuttentrageverbot haben allerdings dazu geführt, dass sie nicht mehr mit den Farben ihres Charters herumfahren können. Die gewollte Inszenierung in der Öffentlichkeit kann so nicht mehr gelingen.

Der Goman-Clan aus Leverkusen hat erst kürzlich bei einer Razzia von sich reden gemacht. Journalisten wurden angepöbelt und mit dem Kochlöffel bedroht. Aus der Villengarage der Hartz IV-Empfänger wurden Luxuskarossen beschlagnahmt, bald soll es am Kölner Landgericht ein Verfahren wegen gewerbsmäßigen Betruges gegen ein Familienmitglied geben. Gerüchteweise weiß man, dass sich die Familie in Ratingen ansiedeln will und dort schaut die Stadt dann dabei zu, wie illegal erwirtschaftetes Vermögen durch Immobilienkäufe „reingewaschen“ wird?

Jungbluth: Was den Sozialleistungsbetrug angeht, so muss man wissen, dass derartige Daten sensibel und besonders geschützt sind. Da kann nicht einfach die Polizei bei der Sozialagentur anklopfen und um Auskünfte bitten.

Und die Immobilienkäufe?

Jungbluth: Die werden meistens über „Strohmänner“ abgewickelt. Der Hauskauf als solcher ist ja nicht strafbar. Finanzämter – hier gilt das Steuergeheimnis – haben andere Möglichkeiten als die Polizei.

Vermutlich ist das nicht das einzige Problem...

Jungbluth: ...nein, keineswegs. Für konkrete Ermittlungen braucht man Anhaltspunkte und eines der größten Probleme im Umfeld der Clan-Kriminalität ist, dass sich die Clans nach außen abschotten. Wir suchen nach effektiven Möglichkeiten der Vermögensabschöpfung, um die Null-Toleranz-Strategie zu ergänzen.

Bis das gelingt, werden wir wohl weiterhin Zeugen davon werden, dass beschlagnahmte Autos zurückgegeben werden müssen, weil deren Fahrer nicht die Besitzer sind. Möglicherweise müssen auch die Geldtransporter bei einem Familienclan anrollen, um die Millionen zurück zu karren, die man dort wegen des Verdachts auf Manipulation von Spielautomaten – unter anderem in Langenfeld und Hilden – abtransportiert hatte. Zwei der drei Beschuldigten wurden bereits aus der Untersuchungshaft entlassen und der Anwalt des Dritten sieht dem Prozess hoffnungsvoll entgegen...

Jungbluth: Dass eingezogene Vermögenswerte zurückgegeben werden müssen, wäre durchaus möglich. Aber noch ist längst nicht klar, ob der Anwalt mit seinen optimistischen Prognosen richtig liegt. Ich vertraue da durchaus auf die gute Arbeit der Ermittlungsbeamten.