Apotheker warnen Mangel an HIV-Medikamenten betrifft auch Hilden

Hilden · In Deutschland gibt es einen akuten Mangel an HIV-Medikamenten. Für Patienten kann das tödliche Konsequenzen haben.

Die rote Schleife gilt als Symbol der Solidarität mit HIV-positiven und Aids-kranken Menschen. Viele von ihnen haben durch den akuten Medikamenten-Mangel in Deutschland momentan ein ernstes Problem.

Foto: dpa/Arne Dedert

„Wir haben einen Engpass“, bestätigt Jürgen Wunderlich, Sprecher der Apotheken im Südkreis und Inhaber der Fabricius-Apotheke in Hilden. Hilden sei zwar kein Ort in dem überdurchschnittlich viele HIV-positive Menschen wohnen, doch selbst hier gebe es für Betroffene momentan nicht genug Medikamente. Für HIV-positive Personen oder auch deren Sexualpartner kann das bedeuten, dass sie die Behandlung mit ihrem jeweiligen HIV-Medikament unterbrechen müssen, da es einfach keinen Nachschub gibt.

Wunderlich erklärt: „Es kommt auf die Situation des einzelnen Menschen an. Es kann aber durchaus sein, dass die Erkrankung wieder ausbricht. Es kann auch bedeuten, dass man jemand anderen ansteckt. Im schlimmsten Fall kann das Ganze aber tödlich enden.“ Doch wie kommt es dazu, dass solche überlebenswichtigen Medikamente in Deutschland kaum noch verfügbar sind? „Das ist ein vielschichtiges Problem“, sagt Wunderlich. Für Pharmahersteller sei Deutschland kein attraktiver Standort, denn anderswo ließe sich viel mehr Geld verdienen. Da hierzulande besonders die Herstellung billigerer Generika gefördert würde, führe das zur Abwanderung der Originalhersteller. Und die Preisspanne bei HIV-Medikamenten ist groß: Das Original-Medikament Truvada etwa kostet 2455,18 Euro pro Packung, das günstigste Generikum dagegen nur 108,04 Euro.

Dazu käme, dass alle Hersteller die Wirkstoffe aus dem Ausland einkaufen müssen. Aus Ländern wie Indien oder China würden diese dann meist per Schiff in die EU gebracht. Dieses System berge nicht nur das Problem, dass die Innenpolitik der Zulieferer-Länder die Wirkstoffverfügbarkeit stark beeinflussen könne. Auch die massive Störung des Schiffsverkehrs im Roten Meer durch Gruppen wie die Huthi-Rebellen, hätten gerade Auswirkungen auf die Lieferketten.

Ein weiteres Problem seien außerdem Rabattverträge, die Krankenkassen mit einzelnen Herstellern abschließen. Wenn eine große Krankenkasse mit einem Hersteller einen Rabattvertrag abschließt und von diesem exklusiv beliefert wird, kann das bei Lieferschwierigkeiten zum echten Problem werden.

Umstieg auf andere
Zulieferer ist nicht einfach

 Spontan auf andere Zulieferer umsteigen, sei in diesem Fall nicht so einfach – besonders, wenn die Krankenkasse keine Rabattverträge mit weiteren Herstellern abgeschlossen habe. Betroffen seien dann aber alle HIV-Patienten, die bei dieser Krankenkasse versichert seien. Auch wenn nur ein Glied der Lieferkette versagt, könne es zwischen sechs und zwölf Monaten dauern, eine neue Lieferkette anzustoßen. „Die Leidtragenden sind die Patienten“, fasst Wunderlich zusammen.

Wunderlich betont, dass es wichtig sei, sich auf den Lieferengpass vorzubereiten. Die Patienten sollten sich frühzeitig um eine Folgeverordnung kümmern. Das erhöhe ihre Chancen darauf, auf den Wartelisten weiter oben zu stehen und schneller an ein Importprodukt aus dem Ausland zu kommen. „Dafür muss man aber erst mal die Genehmigung der Krankenkasse einholen und das braucht Zeit.“ Mehrere Wochen könne es dauern, bis so etwas bewilligt sei und das kann im Zweifelsfall für die Patienten lebenswichtige Zeit sein. Laut Wunderlich mache es auch Sinn, mit einem Auge auf die Niederlande zu schauen, denn dort seien die Medikamente noch verfügbar. Der richtige Zeitpunkt, um sich vorzubereiten, sei laut Wunderlich jetzt. „Man sollte jetzt schon mit dem Arzt einen Plan B entwickeln.“