Übergangslösung Musikschüler werden per Skype unterrichtet
Haan/Hilden. · Nicht nur die Schüler sind dankbar, dass der Lehrbetrieb wieder anläuft.
Julius Haarhoff gibt alles: Der 16-Jährige spielt sich auf der Klarinette durch die Komposition „The enchanted Island” von Alfred Reed. Sein Lehrer Thomas Krautwig passt genau auf und überprüft sowohl den Ansatz, als auch Finger-und Atemtechnik. „Du musst mehr Luft geben“, rät er, „dann funktioniert diese Passage besser.“
Eine ganz normale Unterrichtsszene in der städtischen Musikschule Haan – wäre da nicht die Tatsache, dass zwischen Schüler und Lehrer mehrere Kilometer Luftlinie Entfernung liegen. Die Klarinettenstunde findet nämlich nicht im Unterrichtsraum, sondern bei Julius Haarhoff zu Hause statt. Mit Krautwig ist er über die Bildtelefonie Skype verbunden.
Honorarkräfte sind darauf angewiesen, dass es weitergeht
Unterricht in Corona-Zeiten: Die Haaner Musikschule hat einen Weg gefunden, trotz des Kontaktverbots die Stunden nicht ausfallen zu lassen. „Für die Kinder ist es eine tolle Sache, mit ihren Instrumenten weitermachen zu können“, berichtet Krautwig, der die Musikschule leitet, aber auch immer noch selber unterrichtet. Mindestens genauso wichtig jedoch: Auf diese Weise ist es möglich, die Lehrer weiter zu beschäftigen. Denn die sind überwiegend Honorarkräfte und wären bei einem Unterrichtsstopp vermutlich ins Bodenlose gefallen.
Martin Maria Krüger ist Präsident des Deutschen Musikrates, also der Dachorganisation der deutschen Musikverbände. Er vertritt in dieser Funktion auch die Interessen der Musiklehrer. Krüger hatte schon vor einigen Tagen betont: „Die freiberuflichen Musiklehrenden sichern einen Großteil des Instrumental- und Vokalunterrichts in unserem Land. Sie sind in den meisten Fällen sozial nicht beziehungsweise nur rudimentär abgesichert und befinden sich mit ihrem Jahresbruttoeinkommen häufig in einer ohnehin schon als prekär zu bezeichnenden Beschäftigungssituation.” Der Musikrat fordert Länder und Gemeinden daher auf, „die Angehörigen dieses Berufsstandes, der für unsere kulturelle Vielfalt so bedeutsam ist, in ihren Existenzen zu sichern“. Das versuchen viele Musikschulen in diesen Tagen umzusetzen. Doch nicht überall gibt es die technischen Voraussetzungen. „Wir haben Glück gehabt“, betont Krautwig. Fast der komplette Musikunterricht werde nun über die technischen Hilfsmittel abgewickelt. Dabei können natürlich nicht eins zu eins wie im Präsenzunterricht Verfahren werden. „Duette etwa können Sie vergessen“, sagt der Musikschulleiter. „Dafür ist die Verzögerung in der Übertragung einfach zu stark.“
Vor-und Nachspielen, üben mit dem Metronom, Handhaltung oder Ansatz des Mundstücks korrigieren, Rhythmus trainieren – all das sei mit Skype und Co. für eine gewisse Zeit auch weiterhin gut umzusetzen. Da die Einrichtung der Technik auch Zeit in Anspruch nimmt, dauernd Einzelstunden, die bisher 30 Minuten umfassten, mittlerweile zehn Minuten länger. „Ja, es ist eine Umstellung“, sagt Krautwig, „aber wir kommen gut damit klar und es ist deutlich besser, als nichts zu tun.“
Auch die Lehrkräfte der Musikschule Hilden gehen neue Wege, um im regelmäßigen Kontakt mit ihren Schülerinnen und Schülern zu bleiben. Sie begleiten und unterstützen die Kinder und Jugendlichen beim häuslichen Üben, geben Rückmeldung zu den Fortschritten und stellen neue Stücke zur Verfügung. Dies geschieht überwiegend auf digitalem Wege mit verschiedenen Videokonferenz-Tools, in einigen Fällen aber auch analog in Form von Telefonaten und per Post.