Haan Waldbesetzer bauen Barrikaden auf

Haan/Wuppertal. · Die Zahl der Aktivisten im Osterholz ist gestiegen. Sie haben ihr Camp ausgebaut und Baumstämme aufgeschichtet.

Aktivisten besetzen Bäume im Waldgebiet Osterholz. Auch das Baumaterial haben sie in einem Netz am Baum hochgezogen.

Foto: Carsten Pfarr

„Bin ich auf dem richtigen Weg?“, fragt eine Frau mit Hund. Die Nachfrage wohin sie denn wolle, erübrigt sich – das Ziel und Gesprächsthema der Waldspaziergänger im Osterholz ist mittlerweile dasselbe: Die Waldbesetzer und ihr Lager. Seit vergangener Woche Donnerstag besetzen Demonstranten der Aktionsgruppe „Jeder Baum Zählt“ Bäume im Waldgebiet Osterholz. Sie protestieren gegen die geplante Rodung des Waldes zur Haldenerweiterung des angrenzenden Kalkwerkes.

Das „Camp Chalk“, wie die Aktivisten ihr Lager nennen, haben sie in einer Nacht-und-Nebel-Aktion ausgebaut. Noch am Dienstag hingen lediglich zwei, mit Planen überdachte Feldbetten in den Bäumen. Ein Tag später kann tatsächlich von einem Camp gesprochen werden: Ein Zelt, mehrere Quadratmeter groß, wurde unweit der „Baumhäuser“ aufgespannt und mit Isomatten ausgelegt – ein Schlafplatz für mindestens sechs Personen. Barrikaden aus gestapelten Holzstämmen und großen Ästen grenzen das Lager ab und erschweren den Weg hinein. Drei solcher Barrikaden müssen überwunden werden, um das Lager betreten zu können. „Es verschafft uns Zeit“, erklärt ein Mitglied der Aktionsgruppe. Das Mitglied, eine vermummte, junge Frau, ist vorsichtig mit ihren Aussagen, will sich zunächst gar nicht äußern. Der Polizeieinsatz am Dienstag habe sie misstrauisch gemacht. Doch ihre Überzeugung, das Richtige zu tun, seien unangetastet geblieben. Und sie findet immer mehr, die Gleiches denken. Über Twitter veröffentlichte die Aktionsgruppe ein Gruppenfoto: Acht vermummte Personen halten ein Banner. „Wir werden immer mehr“, heißt von den Aktivisten.

Unter den Aktivisten sind
zwei junge vermummte Frauen

Barrikaden aus Holzstämmen und großen Ästen blockieren den Weg zum Lager der Naturschützer.

Foto: Carsten Pfarr

Bis Dienstag war das Lager nur von zwei männlichen Aktivisten besetzt – die gestern Mittag nicht in Erscheinung traten. Doch mindestens sechs weitere Personen hielten sich im Lager auf: Zwei vermummte, junge Frauen im Studentinnen-Alter, die nach eigenen Angaben unabhängig der Aktionsgruppe seien, aber sie dennoch bei ihrem Protest unterstützen. Zwei Norweger, die der Naturschutz in das Lager geführt habe. Ein Mann, der den Wald von früher kenne und den Aktivisten daher helfen möchte. Und die junge Erwachsene von „Jeder Baum Zählt“, die auf einem in fünf Metern Höhe baumelnden Feldbett sitzt. „Wir verlassen den Wald erst, wenn die Rodung gestoppt wird“, verkündet sie. Sie verstehe nicht, wie eine Aufforstung das Fällen von so vielen Bäumen legitimieren könne.

Das Waldgebiet Osterholz sei Lebensraum vieler, zum Teil unter Schutz stehender Tiere und müsse daher bewahrt werden. Gleichsam wolle die Aktionsgruppe „wachrütteln“ und der Gesellschaft vermitteln, dass der Naturschutz immer vor wirtschaftlichen Interessen zu stellen sei. Für den Protest brächten die Aktivisten „einige Opfer“, die aber „zweitrangig“ seien, „wenn das große Ganze betrachtet wird“. Diese Ansicht vertreten alle im Lager.