Kunstwerke sind wie ein rohes Ei
Sehr vorsichtig gehen die Mitarbeiter des Langenfelder Stadtmuseums mit Ausstellungsstücken um. Flusen oder grelles Licht sind dort streng verboten.
Langenfeld. Das „Herz Jesu“ im massiv wirkenden, schwarzen Rahmen hängt an einem Stahlseil. Der „Strauss in Vence“, dessen Rahmen eher mit Leichtigkeit daherkommt, hängt dagegen an zwei stabilen Drähten. „Man sieht es den Rahmen nicht an, aus welchem Material sie gefertigt sind“, sagt Dr. Hella-Sabrina Lange, Leiterin des Langenfelder Stadtmuseums. Doch eines ist ihnen gemein: „Rahmen und Bilder sind empfindlich und müssen mit allergrößter Umsicht behandelt werden. Wie ein rohes Ei.
Hella-Sabrina Lange, Leiterin des Stadtmuseums Langenfeld
Deshalb ist der Ausstellungsraum mit den Bildern des Wiener Künstlers Ernst Fuchs auch nur mäßig beleuchtet, erläutert Lange. „Mehr als 200 Lux vertragen Ölbilder nicht. Grafiken sind noch sensibler. Sie dürfen maximal mit 60 Lux beschienen werden.“ All diese Dinge werden im Vorfeld einer Ausstellung in einem „Facility-Report“ aufgelistet. „Da geht es um richtige Temperatur und Lichtverhältnisse, Videoüberwachung und Alarmsicherung“, erklärt die Museumschefin. „Das alles müssen wir gewährleisten, bevor ein Museum oder ein Privatmann uns seine Werke leihweise überlässt.“ Manchmal sei auch die Gegenwart eines Restaurators Voraussetzung, um bestimmte Werke für eine Schau zu bekommen.
Lange und ihre Mitarbeiterinnen Alexandra Hinke (Historikerin) und Silke Klaas (Kunsthistorikerin) sind deshalb nicht nur geistesgeschichtlich bewandert, sondern wissen auch, wie sie mit Hammer und Nagel, Bilderhaken und Stahlseilen sowie den Lichtwerten umzugehen haben. „Manchmal haben wir ein Bild aufgehängt und können nicht loslassen“, berichtet Hinke. Mit schützenden Händen würden sie noch kurz vor den Bildern stehen, bevor sie sicher sind, dass sie auch wirklich richtig hängen. Das Tragen von Handschuhen ist selbstredend Pflicht im Umgang mit der kostbaren Kunst. „Wenn wir die zum Teil in Klimakammern transportierten Kunstwerke auspacken, nehmen wir Schmuckstücke und Schals ab, binden die Haare wenn nötig zusammen, damit beim Tragen nichts stört und Ringe keine Spuren hinterlassen“, sagt Lange. Jede kleine Kerbe im Bilderrahmen sei dokumentiert. „Kommen neue hinzu, wird auch dies beim Auschecken der Exponate vermerkt“, beschreibt sie das Prozedere.
Denn: Vor der Schau ist nach der Schau. Wenn die Ausstellung vorbei ist, dann geht es den umgekehrten Weg. Bilder werden verpackt. Dabei sollte vor allem keine Noppenfolie für Ölbilder verwendet werden. „Die drücken sich mit der Zeit durch“, erläuter Hinke und zeigt auf das Bild „Herz Jesu“. In der Haarpracht sind die Noppenabdrücke beim genauen Hinsehen sichtbar. „Wir nutzen deshalb eine dünne, beschichtete Schaumstofffolie zum Verpacken“, sagt Lange. Bevor die Kisten in den Kunsttransporter — der muss lizensiert sein — kommen, werden Leih- und Zustandsliste noch einmal abgeglichen, gegebenenfalls Fotos zu Dokumentationszwecken gemacht.
Große Missgeschicke sind den Ausstellungsmacherinnen bislang noch nicht passiert. „Nur einmal ist ein mit Seilen befestigtes Glasbild in der Nacht auf den Boden gerutscht. Es stand dann ein bisschen schief. Dank der Videoüberwachung konnten wir das nachvollziehen“, berichtet Lange. Wäre etwas passiert, würde die Versicherung, die „von Nagel zu Nagel“ abgeschlossen wird, dafür aufkommen. „Aber so ist es besser für uns und unseren Ruf.“ Auch der will pfleglich behandelt werden. Schließlich möchte man in Langenfeld weiter interessante Künstler ausstellen.