Stadtmuseum präsentiert Weltpremiere

Die Langenfelderin mit durchbohrtem Schädel von 1700 spricht ab sofort mit den Besuchern — dank neuartiger Technik.

Foto: Ralph Matzerath

Langenfeld. Ihr Blick verfolgt einen. Der Blick einer Kindsmörderin? Einer Giftmischerin? Oder war die junge Frau, die da im „Schädelkabinett“ des Langenfelder Stadtmuseums zu einem spricht, etwa eine Räuberbraut? „Wer sie war, was sie getan hat und wann genau sie getötet wurde, wissen wir nicht“, sagt Museumschefin Hella-Sabrina Lange. Fest steht mit ziemlicher Sicherheit, dass ihr Schädel nach Enthauptung um 1700 mit einem 48 Zentimeter langen Eisennagel durchbohrt und zur Abschreckung ausgestellt wurde. Totenkopf und Nagel wurden 1964 bei Ausschachtungsarbeiten an der Kölner Straße gefunden. Jetzt erscheint die berühmte Langenfelderin wieder wie lebendig — als würde sie durch ein Guckloch schauen. Ihr Schöpfer, der Tüftler Ralph Gellwitzki, spricht von einer „Weltpremiere“.

Gemeint ist die von ihm erfundene „Video-Holohead-Technik“, die er für Langenfeld erstmals zur Ausstellungsreife geführt hat. Sie kombiniert eine Kunststoffmaske mit animierter Videoprojektion. So etwas Ähnliches gibt es schon in etlichen Museen. Der Unterschied: Im Schädelkabinett blickt der Besucher nicht auf die zum ihm gewölbte Außenseite der Maske, sondern in eine Hohlmaske. „Das führt zu einer optischen Täuschung. Weil es umgestülpte Gesichter in Wirklichkeit nicht gibt, glaubt der Betrachter, in ein vorgewölbtes Gesicht zu schauen“, erklärt Gellwitzki. Diese „Tiefenumkehr“ bewirkt dann auch den nachlaufenden Blick.

Hella-Sabrina Lange, Museumsleiterin

Vorlage für die sprechende Maske ist eine forensische Gesichtsrekonstruktion auf Basis des gefundenen Schädels. Seit 2011 im Schädelkabinett zu sehen, zeigt das Bild eine hübsche Blonde, etwa 30. Gellwitzki hat daraus in monatelanger Computer- und Handarbeit die Hohlmaske entwickelt. Für den beweglichen Teil der Projektion, Augen und Mund, engagierte er Schauspielerin Maya Bothe, bekannt aus der TV-Serie „Der Kriminalist“.

Bothe ist es auch, die der Hingerichteten ihre Stimme leiht. Sobald sich der Besucher dem Bilderrahmen mit der Maske nähert, öffnet die junge Frau die Augen und beginnt nach einer Einleitung aus dem off zu erzählen: „Es mag anno 1700 gewesen sein...“ Dabei schildert sie drei Versionen ihres Schicksals, die aufgrund der damaligen Gerichtsbarkeit möglich erscheinen. „Eine Mischung aus Fakten und Fiktion“, sagt Museumsleiterin Lange. Was wirklich war und was nur gewesen sein könnte, das wird in der Gesamtschau des Schädelkabinetts deutlich: Neben der sprechenden Maske finden sich hier Tafeln und ein Multimedia-Terminal mit Infos über Fundort, Forschungsstand und Rekonstruktion. Dazu ein Kleid aus silberfarbenen Brokatstoff mit Goldborten, wie es die Hingerichtete aufgrund gefundener Fragmente getragen haben könnte. Und natürlich in einer Rundvitrine der Schädel mit Nagel, wenn auch nur als Kopie. Das Original hütet das Rheinische Landesmuseum in Bonn.

Nun also noch die Maske, die einen immer anschaut. Museums-chefin Lange vergleicht dies mit der Mona Lisa im Louvre. Einen Mona-Lisa-Effekt wünscht sie sich auch für die Besucherzahlen: „Für einen Ansturm sind wir kaum gerüstet, aber mehr Besucher als die zuletzt rund 10 000 im Jahr, das erhoffen wir uns schon.“