Oberschlesisches Landesmuseum Museum soll ein Erlebnisort werden
Hösel · Das Jahr 2022 hat fürs Oberschlesische Landesmuseum eine besondere Bedeutung – nicht nur wegen der Teilung Oberschlesiens vor 100 Jahren. Man will das Museum mehr zum Erlebnisort machen. Im Mai geht es zum Marktplatz.
Der Poldi, also der Lukas Podolski, spielt eine nicht unwichtige Rolle in Hösel. Er ist Teil der Ausstellung mit dem Titel „Bewegte Leben. Oberschlesische Persönlichkeiten“, die nun bis zum 18. September 2022 verlängert wurde. Es geht um das „Who ist Who“ aus Oberschlesien: von der Nobelpreisträgerin bis zum Kinderbuchautor, von der Ordensfrau bis zum Ufa-Star, vom Funkpionier bis zum Fußballprofi.
Es werden 30 oberschlesische Persönlichkeiten präsentiert, deren Wirken in Wissenschaft und Kunst, in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft nachhaltige Spuren hinterlassen haben. Es sind auch Spuren der Geschichte. Viele von ihnen haben im Laufe ihres Lebens ihre oberschlesische Heimat verlassen und anderswo den Neuanfang gesucht.
Geschichte erleben, begreifen und auf die Gegenwart beziehen – dies gehört zu den wesentlichen Aufgaben des Museums, das sich in erster Linie als kulturgeschichtlicher Ort versteht. Thematisch werde sich vieles um das Jubiläumsjahr der Teilung Oberschlesiens im Jahre 1922 drehen, berichtete David Skrabania, Kulturreferent Oberschlesien. Geplant sei eine große Sonderausstellung ab Oktober 2022, in deren Vorfeld für das Portal „Copernico“ gerade eine Web-Doku zum Thema entsteht. Zudem werde ein Imagefilm zu Schlesien produziert.
Erfolgreiche Veranstaltungsreihen werden fortgeführt
Die Ausstellung „Das Kreuz im Schatten der Diktaturen“ des Kulturreferats wird ab April für sechs Wochen in der Martin-Opitz-Bibliothek in Herne zu sehen sein und wandert dann anlässlich des Kulturfestivals der deutschen Minderheit in Polen erst nach Breslau und anschließend ins Dokumentations- und Ausstellungszentrum der deutschen Minderheit nach Oppeln.
Außerdem werden die erfolgreichen Veranstaltungsreihen des Vorjahres fortgeführt und erweitert. Zum bewährten Format „Podium Silesia“ zur Geschichte Oberschlesiens kommen „Litterae Silesiae“ (Lesungen) und „Salon Silesia“ (Konzerte). „Die Digitalisierung unserer Projekte ist durch Livestreams und Web-Dokus so erfolgreich etabliert worden und wird so gut angenommen, dass die Formate dem Publikum weiterhin kostenfrei online zur Verfügung gestellt werden“, betonte Skrabania anlässlich der Vorstellung des Jahresprogramms. „Wir zeichnen auch in Zukunft alle Veranstaltungen auf und freuen uns über die vielen Tausend Abrufe.“
Das Kulturreferat für Oberschlesien wurde 2017 bei der Stiftung Haus Oberschlesien eingerichtet, die der Träger des Museums ist. Das Referat fördert die Kultur- und Bildungsarbeit. Der Kulturreferent unterstützt vor allem den grenzüberschreitenden Wissenstransfer zur Kultur und Geschichte Oberschlesiens sowie die Zusammenarbeit mit Partnern in Polen und Tschechien. Sebastian Wladarz, der Vorstandsvorsitzende der Stiftung Haus Oberschlesien, betonte, dass man vor allem Kulturbotschafter sein will. „Erbe erhalten, Europa gestalten – dies ist unsere Botschaft“, ergänzte Wladarz.
Seit einem Jahr ist Museumsleiterin Andrea Perlt in Hösel tätig und hat bereits viele Erfahrungen an neuer Wirkungsstätte gesammelt. Sie will digitale Formate vorantreiben, aber auch stärker das Gespräch in der Stadt suchen: Am Samstag, 21. Mai, macht sich das Museum auf den Weg und kommt mit seinem Polski-Fiat auf den Ratinger Marktplatz. Man werde einiges auf dem Dachgepäckträger haben, erläuterte Perlt. Mehr werde aber noch nicht verraten. Im Bereich der Museumspädagogik habe man sich einiges für Kinder ausgedacht: Mit Hilfe des Smartphones entdecken sie das Museum und erstellen zum Beispiel eigene Filme.
Die kulturelle Bildung des Oberschlesischen Landesmuseums konzentriert sich auf zwei Themengebiete: Flucht und Vertreibung als historisches Phänomen, zudem Oberschlesien als kulturelle Grenzregion zwischen Deutschland, Polen und Tschechien. Durch unterschiedliche Formate für Schulen, Universitäten und Besuchergruppen wird in Workshops, Seminaren, Vorträgen und Führungen das breite Spektrum der aktuellen Dauer- und Sonderausstellungen vermittelt. Dabei will man besonders Schulen die Möglichkeit bieten, das Museum als außerschulischen Bildungsort zu nutzen. Die Vermittlung historischer Themen habe dabei einen unmittelbaren Bezug zu laufenden Debatten über Flucht und Vertreibung, Minderheitenrechte und Autonomiebestrebungen. Die Museumsarbeit ist also aktueller denn je.