Jugendschutz — na und?

Dass ein 16-Jähriger nachts um 3 Uhr in einer Disco eine Schlägerei auslöst, stellt grundsätzliche Fragen.

Ratingen. Wie kann es sein, dass sich ein 16-Jähriger kurz nach 3 Uhr in einer Discothek aufhält? Diese Frage beschäftigt seit Montag nicht nur das Ratinger Ordnungsamt. Wie berichtet, war es in der Nacht zu Sonntag zu tumultartigen Auseinandersetzungen vor der Discothek „Liberty“ gekommen, bei der die Polizei ein Großaufgebot benötigte, um der Lage Herr zu werden. Auslöser war ein Streit, an dem maßgeblich ein 16-jähriger Düsseldorfer beteiligt gewesen sein soll.

„Wer noch nicht 18 Jahre alt ist, muss Disco oder Kneipe bis Mitternacht verlassen“, sagt Ratingens Ordnungsamtsleiterin Barbara Arndt. Ausnahme: Die Eltern sind ebenfalls anwesend oder haben mit einer schriftlichen Bescheinigung das Sorgerecht auf eine volljährige Person übertragen. Arndt: „Dieses Schreiben ist nur an diesem Tag gültig und muss beim Gastronomiebetrieb hinterlegt werden.“ Doch dass diese Bescheinigungen „sehr problematisch“ sind, weiß man auch beim Ordnungsamt: Sie werden von den Jugendlichen gerne und oft gefälscht.

Doch Kontrollen finden eher selten statt. „Wir haben das länger nicht mehr gemacht“, räumte Arndt ein. Vor Weihnachten habe die Ordnungsamtsmitarbeiter noch Spielhallen kontrolliert. Discotheken, Bars und Kneipen? Fehlanzeige. „Nach Karneval müssen wir uns in dieser Richtung neu positionieren“, sagte Arndt, die Montagnachmittag wegen der Vorfälle vom Wochenende ein Gespräch mit der Polizei führte.

Als Grund für die seltenen Kontrollen in Discotheken und Kneipen nennt die Amtsleiterin die dünne Personaldecke: „Ich habe nur sechs Leute — und im Winter eigentlich nicht mal die, weil sie Überstunden vom Sommer abbauen müssen.“ Und eine nächtliche Kontrolltour durch die Gastronomie würde weitere Überstunden aufhäufen.

Der Geschäftsführer des „Liberty“ rätselte am Montag, wieso der 16-Jährige überhaupt in seiner Disco sein konnte. „Wir lassen niemanden unter 18 rein“, sagte Berus Hennig.

„Bei uns gibt es strikte Ausweiskontrollen“, sagte Christoph Steinert, Betreiber der anderen Discothek in Ratingen, „Nightlife“. Ohne Ausweis käme überhaupt niemand rein, bei unter 18-Jährigen werden die Dokumente eingesammelt. „Um Mitternacht werden die dann per Durchsage zum Gehen aufgefordert.“ Die Inhaber der übrig gebliebenen Ausweise würden extra aufgerufen, sagte Steinert. Nach Aussagen mehrerer Discobesucher hinkt die Praxis dieser Theorie aber oft hinterher.

Auch die Polizei sieht die Betreiber in der Pflicht. „Die Türsteher müssen kontrollieren und sich die Ausweise zeigen lassen“, sagt Polizeichef Elmar Hörster. Dennoch komme es immer wieder vor, dass Minderjährige mitten in der Nacht auf der Wache landen. Dann werden die Eltern informiert, um ihre Sprösslinge abzuholen. „Manchmal sind die Eltern dazu nicht in der Lage oder nicht erreichbar“, sagt Hörster. Dann übernehmen die Beamten auch schon mal den Fahrdienst.