Ratingen Politik will mehr Tempo bei Weststrecke
Ratingen. · Die Chancen für die Realisierung des Projektes stehen gut. Land und Bund sind nun gefragt.
Peter Beyer, der CDU-Bundestagsabgeordnete für Ratingen und Heiligenhaus, hat das millionenschwere Projekt genau im Blick. Und es gehört aus seiner Sicht zu den wichtigsten verkehrspolitischen Planvorhaben der kommenden Jahre. Es geht um die Reaktivierung der Weststrecke. Beyer selbst habe ein Spitzengespräch angeregt und dies auch organisieren können.
„Ich werde natürlich weitere Gespräche diesbezüglich führen, auch mit der Deutschen Bahn, die ja zu den wesentlichen Partnern dieses Projektes gehört“, betonte der Politiker. Was vor vielen Jahren noch eine blanke Vision war, nimmt nun sehr konkrete Formen an. Und Beyer weiß, dass die Chancen, dieses Projekt auf die Schiene zu setzen, außerordentlich gut stehen.
Im staugeplagten Ratingen dreht sich vieles um den Verkehr und damit um Möglichkeiten, die verstopften Straßen zu entlasten. Große Hoffnungen setzt man also in die Weststrecke. Das wurde jetzt beim jüngsten Treffen des Regionetzwerks deutlich, in dem sich die Städte Düsseldorf, Duisburg, Krefeld, Meerbusch und Ratingen sowie der Kreis Mettmann zusammengeschlossen haben. Im Museum Ratingen begrüßte der städtische Planungsdezernent Jochen Kral rund 50 Gäste aus Politik und Verwaltung. Themen waren auch regionale Mobilitätsprojekte aus der Schweiz.
Runde tauschte sich über Planungsschritte aus
Alle vier Gebietskörperschaften, die gemeinsam um die Reaktivierung des Personenverkehrs auf der Ratinger Weststrecke kämpfen (Ratingen, Duisburg, Düsseldorf und Kreis Mettmann), gehören dem Regionetzwerk an. Deshalb war dieses wichtige Infrastrukturprojekt ein wichtiges Thema beim Treffen in Ratingen. Nachdem die vor einigen Wochen vorgestellte Machbarkeitsstudie der Westbahn sehr eindeutig attestiert hatte, dass sie wirtschaftlich ist, tauschte sich die Runde nun über die nächsten Planungsschritte aus. Ziel ist nach wie vor die Inbetriebnahme des Personenverkehrs im Jahr 2030.
Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link hatte schon im Vorfeld der Gewerbeimmobilienmesse Expo Real in München auf die Bedeutung einer Anbindung von 6-Seen-Wedau an Bus und Bahn hingewiesen, schließlich sollen in dem Neubauviertel in einigen Jahren immerhin rund 10 000 Menschen wohnen. „6-Seen-Wedau ist ein einzigartiges Projekt mit einer Strahlkraft, die weit über die Stadtgrenzen hinausgeht. Hier entsteht ein komplett neuer Stadtteil und damit zugleich guter, bezahlbarer Wohnraum für viele junge Familien. Wir sind sehr stolz auf dieses Leuchtturmprojekt“, so Link. Für ihn sei es daher nur folgerichtig, wenn die Personenzugstrecke zwischen Duisburg und Düsseldorf Hauptbahnhof über Ratingen auch einen Haltepunkt „Wedau/Bissingheim“ erhält – mitten im geplanten Projektgebiet. Zuvor könnte die Bahn einen weiteren Stopp am Haltepunkt „Duisburg Sportpark Nord“ einlegen. 6-Seen-Wedau sei eine der Lokomotiven der Weststrecke, teilte man mit.
Das Potenzial der Menschen, die in dem neuen Baugebiet ihre Heimat finden werden, sei ein wesentlicher Faktor für die Rentabilität der Strecke. Grundvoraussetzung für die Realisierung sei aber die Förderfähigkeit mit Mitteln des ÖPNV-Gesetzes NRW. Dies sei grundsätzlich möglich. Als nächster Schritt stehe nun die Durchführung einer Kosten-Nutzen-Untersuchung an, die die Voraussetzung für die Aufnahme in den ÖPNV-Bedarfsplan des Landes sei.
Die hohen Baukosten entstehen hauptsächlich dadurch, dass praktisch auf der gesamten Strecke zwischen Wedau und Düsseldorf-Rath ein drittes Gleis gelegt werden muss. Außerdem müssten Bahnhöfe am Sportpark, in Wedau/Bissingheim, Lintorf, Tiefenbroich und Ratingen-West errichtet werden. Die Fahrgastpotenziale der Weststrecke überschneiden sich geringfügig mit den Rhein-Ruhr-Express (RRX)-Angeboten zwischen Duisburg und Düsseldorf. Der Ausbau der Westbahn könne erst beginnen, wenn der RRX wie geplant fährt.
Denn während der Bauarbeiten zwischen Düsseldorf und Duisburg würden die Güterzuggleise in Ratingen als Ausweichstrecke genutzt, so die Gutachter. Da könne nicht gleichzeitig auch dort gebaut werden. Die Gutachter sehen daher eine Inbetriebnahme der Westbahn im Jahr 2030 als realistisch an.
Die Duisburger SPD-Landtagsabgeordnete Sarah Philipp erklärte hingegen: „Jetzt muss das Projekt zügig weitergehen.“ Die Ratinger Weststrecke sichere die wirtschaftliche Entwicklung und erhöhe die Attraktivität der angrenzenden Wohnquartiere. Auch der Duisburger SPD-Ratsherr Dieter Lieske, der zudem Mitglied der VRR-Verbandsversammlung ist, zeigte sich angetan: „Die Bahnlinie ist für tausende Pendler eine interessante Alternative zur Straße. Das neue Wohnquartier 6-Seen-Wedau und die bestehenden Stadtteile Wedau und Bissingheim werden mit der Ratinger Weststrecke optimal an den regionalen und überregionalen Nahverkehr angebunden“, so Lieske. Die Gutachter haben auch untersucht, welcher Zugbetrieb möglich und sinnvoll ist. Es gab zwei Planfälle: einen 20-Minuten-S-Bahn-Takt und einen 30-Minuten-Regionalbahn-Takt. Für beides sei ausreichend Fahrgastpotenzial vorhanden. Die S-Bahn-Variante (Arbeits-Linienbezeichnung S 61) hätte den Vorteil, dass sie über Düsseldorf hinaus bis Langenfeld verlängert werden und somit ab Düsseldorf-Rath im Zusammenspiel mit der S 6 einen Zehn-Minuten-Takt schaffen könnte.
Wie erfolgreich regionale Verkehrsplanung sein kann, zeigte ein Vortrag von Dr. Regina Witter vom Schweizer Bundesamt für Raumentwicklung (ARE). In den vergangenen 20 Jahren sind in zahlreichen Ballungsräumen der Schweiz zum Teil sehr aufwendige und erfolgreiche Verkehrskonzepte umgesetzt worden. In enger Kooperation der betroffenen Städte und Gemeinden wurde in vielen Regionen der Anteil des ÖPNV sowie des Rad- und Fußverkehrs gegenüber dem Autoverkehr erheblich erhöht. Ein Schlüssel des Erfolgs war aber auch die zentrale Unterstützung durch die Schweizer Regierung, die dieses „Agglomerationsprogramm“ für alle Ballungsräume des Landes initiiert und mit einer Milliardensumme gefördert hat. „Eine solche Unterstützung brauchen wir auch bei der Westbahn“, sagte Ratingens Technischer Beigeordneter Jochen Kral. „Bei einem so komplexen Vorhaben geht nichts ohne das Engagement des Landes und des
Bundes.“