Ratingen Westbahn könnte 2030 starten

Ratingen. · Das Regionetzwerk sprach über weitere Planungsschritte für die Reaktivierung der Westbahn.

Bei der Reaktivierung der Strecke werden hohe Baukosten entstehen, da auf der Strecke zwischen Wedau und Düsseldorf-Rath ein drittes Gleis gelegt werden muss.

Foto: Blazy, Achim (abz)

Im staugeplagten Ratingen dreht sich vieles um den Verkehr und damit um Möglichkeiten, die verstopften Straßen zu entlasten. Große Hoffnungen setzt man in die Reaktivierung der Weststrecke. Das wurde jetzt beim jüngsten Treffen des Regionetzwerks deutlich, in dem sich die Städte Düsseldorf, Duisburg, Krefeld, Meerbusch und Ratingen sowie der Kreis Mettmann zusammengeschlossen haben.

Im Museum Ratingen begrüßte der städtische Planungsdezernent Jochen Kral 50 Gäste aus Politik und Verwaltung. Themen waren auch regionale Mobilitätsprojekte aus der Schweiz.

Alle vier Gebietskörperschaften, die gemeinsam um die Reaktivierung des Personenverkehrs auf der Ratinger Weststrecke kämpfen (Ratingen, Duisburg, Düsseldorf und Kreis Mettmann), gehören dem Regionetzwerk an. Daher war dieses ambitionierte Infrastrukturprojekt natürlich ein wichtiges Thema beim Treffen in Ratingen. Nachdem die vor einigen Wochen vorgestellte Machbarkeitsstudie der Westbahn sehr eindeutig attestiert hatte, dass sie wirtschaftlich ist, tauschte sich die Runde nun über die nächsten Planungsschritte aus. Ziel ist nach wie vor die Inbetriebnahme des Personenverkehrs im Jahr 2030.

Duisburgs Bürgermeister ist
stolz auf das „Leuchturmprojekt“

Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link hatte schon im Vorfeld der Gewerbeimmobilienmesse Expo Real in München auf die Bedeutung einer Anbindung von Sechs-Seen-Wedau an Bus und Bahn hingewiesen – schließlich sollen in dem Neubauviertel in einigen Jahren immerhin rund 10 000 Menschen wohnen. „Sechs-Seen-Wedau ist ein einzigartiges Projekt mit einer Strahlkraft, die weit über die Stadtgrenzen hinausgeht. Hier entsteht ein komplett neuer Stadtteil und damit zugleich guter, bezahlbarer Wohnraum für viele junge Familien. Wir sind sehr stolz auf dieses Leuchtturmprojekt“, so Link. Für ihn sei es daher nur folgerichtig, wenn die Personenzugstrecke zwischen Duisburg und Düsseldorf Hauptbahnhof über Ratingen auch einen Haltepunkt „Wedau/Bissingheim“ erhält – mitten im geplanten Projektgebiet. Zuvor könnte die Bahn einen weiteren Stopp am Haltepunkt „Duisburg Sportpark Nord“ einlegen. Sechs-Seen-Wedau sei eine der Lokomotiven der Weststrecke, teilte die Stadt mit. „Das Potenzial der Menschen, die in dem neuen Baugebiet ihre Heimat finden werden, ist ein wesentlicher Impuls zur Rentabilität der Strecke.“

Grundvoraussetzung für die Realisierung sei aber die Förderfähigkeit mit Mitteln des ÖPNV-Gesetzes NRW. Dies sei grundsätzlich möglich. Als nächster Schritt stehe nun die Durchführung einer Kosten-Nutzen-Untersuchung an, die Voraussetzung für die Aufnahme in den ÖPNV-Bedarfsplan des Landes sei.

Die hohen Baukosten entstehen hauptsächlich dadurch, dass praktisch auf der gesamten Strecke zwischen Wedau und Düsseldorf-Rath ein drittes Gleis gelegt werden muss. Außerdem müssten Bahnhöfe am Sportpark, in Wedau/Bissingheim, Lintorf, Tiefenbroich und Ratingen-West errichtet werden. Die Fahrgastpotenziale der Weststrecke überschnitten sich geringfügig mit den Rhein-Ruhr-Express (RRX)-Angeboten zwischen Duisburg und Düsseldorf. Der Ausbau der Westbahn könne erst beginnen, wenn der RRX wie geplant fährt.

Denn während der Bauarbeiten zwischen Düsseldorf und Duisburg würden die Güterzuggleise in Ratingen als Ausweichstrecke genutzt, so die Gutachter. Da könne nicht gleichzeitig auch dort gebaut werden. Die Gutachter sehen daher eine Inbetriebnahme der Westbahn im Jahr 2030 als realistisch an. Die Duisburger SPD-Landtagsabgeordnete Sarah Philipp erklärte hingegen: „Jetzt muss das Projekt zügig weitergehen.“ Die Ratinger Weststrecke sichere die wirtschaftliche Entwicklung und erhöhe die Attraktivität der angrenzenden Wohnquartiere. Auch SPD-Ratsherr Dieter Lieske, der zudem Mitglied der VRR-Verbandsversammlung ist, zeigte sich von dem Projekt angetan: „Die Bahnlinie ist für tausende Pendler eine interessante Alternative zur Straße. Das neue Wohnquartier Sechs-Seen-Wedau und die bestehenden Stadtteile Wedau und Bissingheim werden mit der Ratinger Weststrecke optimal an den regionalen und überregionalen Nahverkehr angebunden“, so Lieske.

Für jeden Planfall sei ausreichend Fahrgastpotenzial vorhanden

Die Gutachter haben untersucht, welcher Zugbetrieb möglich und sinnvoll ist. Es gab zwei Planfälle: einen 20-Minuten-S-Bahn-Takt und einen 30-Minuten-Regionalbahn-Takt. Für beides sei ausreichend Fahrgastpotenzial vorhanden. Die S-Bahn-Variante (Arbeits-Linienbezeichnung S 61) hätte den Vorteil, dass sie über Düsseldorf hinaus bis Langenfeld verlängert werden und somit ab Düsseldorf-Rath im Zusammenspiel mit der S 6 einen Zehn-Minuten-Takt schaffen könnte.

Wie erfolgreich regionale Verkehrsplanung sein kann, zeigte ein Vortrag von Regina Witter vom Schweizer Bundesamt für Raumentwicklung (ARE). In den vergangenen 20 Jahren sind in zahlreichen Ballungsräumen der Schweiz zum Teil sehr aufwendige und erfolgreiche Verkehrskonzepte umgesetzt worden. In enger Kooperation der betroffenen Städte und Gemeinden wurde in vielen Regionen der Anteil des
ÖPNV sowie des Rad- und Fußverkehrs gegenüber dem Autoverkehr erheblich erhöht. Ein Schlüssel des Erfolgs war aber auch die zentrale Unterstützung durch die Schweizer Regierung, die dieses „Agglomerationsprogramm“ für alle Ballungsräume des Landes initiiert und mit einer Milliardensumme gefördert hat.

„Eine solche Unterstützung brauchen wir auch bei der Westbahn“, sagte Ratingens Planungsdezernent Jochen Kral. „Wir Städte arbeiten gut zusammen, aber bei einem so komplexen Vorhaben wie der Westbahn geht nichts ohne das Engagement des Landes und des Bundes.“