Jubiläum in Hösel Stiftung setzt auf Begegnung
Hösel. · Das Haus in Hösel will sich neu ausrichten und künftig ein europäisches Zentrum für Kultur und Begegnung sein und die internationale Zusammenarbeit stärken. Am 1. Januar nimmt die neue Museumsleiterin ihre Arbeit auf.
(Red) Die große Feier fällt aus, wie viele Veranstaltungen in diesem Jahr und insbesondere die zum Jahresende. Corona hat das Land fest im Griff. Dabei gäbe es was zu feiern, denn der 4. Dezember ist für die Oberschlesier ein markantes Datum. Nicht nur, weil es das Fest der Heiligen Barbara ist, was in der vom Bergbau geprägten Region stets gefeiert wird. An diesem Tag vor genau 50 Jahren wurde das Stiftungsgeschäft für die Stiftung Haus Oberschlesien unterschrieben – goldenes Jubiläum also.
Stiftung
Der Text des Stiftungsgeschäfts war kurz und knapp gehalten: „Wir die Unterzeichneten (…) errichten hierdurch namens und im Auftrage der Landsmannschaft der Oberschlesier e.V. (…) die Stiftung Haus Oberschlesien“. Die Gründung erfolgte noch in Bonn, wo die Landsmannschaft damals ihren Sitz hatte. Doch man hatte schon einen neuen Sitz im Auge, denn im Stiftungszweck war die „Errichtung oder Erwerb eines Hauses, das den Namen Haus Oberschlesien tragen wird“ festgeschrieben. Die Vision damals: Haus Oberschlesien als kulturelles Zentrum der Oberschlesischen Volksgruppe. Das Land Nordrhein-Westfalen, seit 1964 Patenland der Oberschlesier, sollte sich mit 250 000 DM am Stiftungsgeschäft beteiligen.
Anfänge
Geworden ist es dann eine Villa in Hösel an der Bahnhofstraße 67. Viele Oberschlesier trugen mit finanziellem aber auch persönlichen Einsatz dazu bei, dass die Villa, das spätere Haus Oberschlesien, erworben und hergerichtet werden konnte. „Man konnte damals Bausteine im Wert von 5 bis 100 DM erwerben, um das Vorhaben finanziell zu unterstützen“, sagt Klaus Plaszczek, Bundesvorsitzender der Landsmannschaft der Oberschlesier. Bei der Suche nach der Immobilie hat ein bekannter Ratinger oder, besser gesagt, Höseler mitgeholfen. Sebastian Wladarz, heutiger Stiftungsvorstandschef erinnert sich: „Anlässlich des Patenschaftsjubiläums 2014 rief mich Wilhelm Droste sen. in der Geschäftsstelle der Landsmannschaft an und erzählte mir, dass er damals die Grundstücksfindung wesentlich befördert hat. Schade, dass er diese Geschichte nicht mehr live erzählen kann, da er kürzlich verstorben ist.“
Museum
In der folgenden Zeit haben die Oberschlesier viele Exponate und Dokumente aus der Heimat zusammengetragen. Denn der Wunsch, das Kulturerbe der Heimat im Rahmen eines Museums zu präsentieren und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, wurde immer größer. Und so wurde 1983 der erste Museumsbau errichtet. Die Stiftung und das Museum wurden damals vom Bund institutionell gefördert. Von dem Aufruf an die Landsleute, der Stiftung Exponate, Dokumente und andere Gegenstände aus der Heimat für das neue Museum zur Verfügung zu stellen, profitiert die Stiftung noch heute. Wladarz: „Wir finden heute immer wieder Archivalien, die wir einfach der Öffentlichkeit zugänglich machen müssen. Neulich waren es Dias von einer Reise nach Polen aus den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts. Historikerkollegen aus Polen bestätigten uns, dass es ein Mega-Fund ist, da solche Fotos nicht einmal in Polen selbst verfügbar seien. Daraus entsteht nun ein deutsch-polnischer Bildband.“
Förderung
In der Zwischenzeit musste die Villa verkauft werden. Die Stiftung sitzt heute im ersten Museumsbau. Denn 1998 wurde auf der gegenüberliegenden Seite ein moderner Museumsbau eröffnet. Der Bund hat sich nach dem Regierungswechsel 1998 von der institutionellen Förderung der Stiftung und des Museums zurückgezogen. Dank der Entscheidung des inzwischen auch verstorbenen damaligen Ministerpräsidenten Wolfgang Clement, wurde die Förderung des musealen Teils der Stiftung aber durch das Land Nordrhein-Westfalen übernommen.
Umbruch
Heute befinden sich Stiftung und Museum im Umbruch. Am 1. Januar 2021 tritt die neue Museumsdirektorin Andrea Perlt ihre Stelle an. „Die Vision von heute ist es, mit Stiftung und Museum ein europäisches Zentrum für Kultur und Begegnung zu schaffen und die Kooperation mit unseren polnischen und tschechischen Partnern, aber auch mit der deutschen Minderheit auszubauen. Vor allem müssen wir aber die Themen Flucht und Vertreibung an die Jüngeren weitergeben. Dazu bedarf es zielgruppengerechter Angebote im Bereich der Museumspädagogik und der politischen Bildung“, sagt Sebastian Wladarz, gebürtiger Oberschlesier. Man müsse die Tatsache, dass die Themen Heimat, Flucht und Vertreibung wieder aktuell an Bedeutung gewonnen haben, für die eigene Arbeit nutzen. Darüber hinaus sei die Region Oberschlesien durch ihre kulturelle, ethnische und sprachliche Vielfalt in sich eine Modelregion, an der sich viele Phänomene phantastisch darstellen lassen, meint der Ratinger CDU-Ratsherr.
Ausblick
Auch wenn die Jubiläumsfeier in diesem Jahr ausfällt, verspricht er: „Man wird von uns hören. Mehr und öfter. Und ich denke, dass auch Ratingen von dieser Neuausrichtung profitieren kann“. Schon im nächsten Jahr sind internationale Veranstaltungen zum 100. Jahrestag der Volksabstimmung geplant.