Velbert Klima lässt alte Buchen sterben

Velbert. · Im Herminghauspark bieten abgesägte Bäume Tieren einen Unterschlupf

Forstwirt Noah Kuhnen zeigt im Herminghauspark auf abgesägte Buchen.

Foto: Ulrich Bangert

Der Klimawandel macht sich im Niederbergischen zunehmend bemerkbar. Im Herminghauspark werden in diesen Tagen rund 100 Jahre alte Buchen gefällt. „Spaß hat da keiner dran“, stellt Dennis Schieferstein fest, der bei den Technischen Betrieben Velbert (TBV) den Geschäftsbereich Grün und Friedhöfe verantwortet. „Ohne die extrem trockenen Sommer 2018 und 2019 sowie im diesen Jahr wären die Bäume noch älter geworden. Bereits im vergangenen Jahr mussten wir einige rausholen“, bedauert Schieferstein. Die Hitze hat die Bäume erkennbar geschwächt, bereits im August waren die Blätter braun und morsche Geäst stellte eine Gefahr für die Parkbesucher dar: „Ohne jeglichen Wind sind Äste abgebrochen.“

Mit großem Gerät werden die Baumriesen jetzt zwischen dem Johanniterheim und dem beliebten Wasserspielplatz gefällt. Forstwirt Noah Kuhnen zirkelt einen großen Lkw zwischen den Bäumen, fährt die seitlichen Stützen aus, klettert in den Hubsteiger und kappt mit einer Motorsäge von unten nach oben die seitlichen Äste bis zur lichten Krone. Anschließend kommt ein Fällkran zum Einsatz, der den Stamm in mehreren Metern Höhe absägt, ihn dabei festhält und anschließend sanft zu Boden bringt. Einige Buchen sind bereits so gestutzt, die kahlen Reste ragen wie Zahnstocher in den wolkenverhangenen Oktoberhimmel. „Das werden Habitatsbäume“, kündigt der Mitarbeiter des Kettwiger Baumdienstes an, ganz im Sinne des Auftraggebers: „Solch einen Rumpfbaum stehen zu lassen, das können wir verantworten“, so Dennis Schieferstein von den TBV. „Wenn der jetzt altert bis zum Totholz, können damit allerlei Insekten, Vögel und kleine Säugetiere leben.“

Der Klimawandel lässt nicht nur Bäume absterben, sondern bringt Insekten mit sich, die keiner haben will, wie den Eichenprozessionsspinner. Der machte sich vor zwei Jahren in Velbert breit, wie der Name schon sagt, vor allem in Eichen. Die fast unsichtbaren Brennhaare, die sich im dritten Larvenstadium des wärmeliebenden Nachtfalters entwickeln, können die menschliche Gesundheit erheblich beeinträchtigen. „Am Anfang waren wir gar nicht darauf vorbereitet, so dass wir Fremdfirmen mit der Beseitigung der Nester beauftragen mussten“, beschreibt Dennis Schieferstein das Auftreten des früher nur selten in Deutschland anzutreffenden Insekts. „Inzwischen verfügen unsere Mitarbeiter über die entsprechende Ausbildung und Technik. Es kommt ein Industriesauger mit speziellen Filtern zum Einsatz, der die feinen Brennhaare zurückhält. Die Kollegen sind dabei in Vollschutzanzügen tätig. Offensichtlich wurden im vergangenen Jahr viele Nester beseitigt, in diesem Jahr hatten wir deutlich weniger.“

Ein weiterer, hierzulande bisher unbekannter Schädling, der durch den heißen Sommer 2018 begünstigt wurde, ist der Rußrindenpilz, der Ahornbäume absterben lässt und dessen Sporen dem Menschen gefährlich werden können. Carsten Haider vom Vorstand des BUND Velbert kritisiert in einem offenen Brief, dass entsprechend befallene Baumstämme liegen bleiben.

„Das Gesamtgefahrenpotenzial liegender Bäume ist deutlich geringer als bei stehenden Bäumen“, entgegnet Oberforstrat Peter Tunecke und beruft sich dabei auf aktuelle Empfehlungen des Landesbetriebs Wald und Holz. Weiterhin werfen die Naturschützer dem Förster vor, den strapazierten Wald durch unqualifizierte Bewirtschaftung weiter zu schwächen, unter anderem durch zu breite Wirtschaftswege. „Im Wald gibt es keine Hydranten, die Feuerwehr muss da rein kommen“, argumentiert Tunecke und rechtfertigt entsprechende Eingriffe: „Mein Ziel ist es, den alten Wald zu erhalten.“