Velbert Dem Fichtenwald droht der Kollaps

Neviges. · Gefräßige Borkenkäfer und die vermehrte Trockenheit machen der Baumart in der Region äußerst schwer zu schaffen.

Der Fichtenwald an dem Berghang zwischen dem Zwingenberger Weg und der Kuhlendahler Straße wurde ein Opfer des gefräßigen Borkenkäfers und musste gefällt werden.

Foto: Ulrich Bangert

Der Fichtenwald am Hang zwischen der Kuhlendahler Straße und dem Zwingenberger Weg wurde ein Opfer des Borkenkäfer. Ausgelöst durch den außergewöhnlich trockenen Sommer 2018 machte sich der Schädling in dem 2,5 Hektar großen Bestand breit. Bereits vor einem Jahr erkannten selbst Laien von Weitem an den braunen Zweigen, dass diese Fichten abgestorben sind. „Das ist schon Wahnsinn, wie sich der Käfer da durchgewühlt hat“, staunt Waldbesitzer Peter Wiemer. „Überall, wo man die Borke an den Stämmen ablöst, kann man deutlich die Brutgänge der Larven sehen.“

Der Kuhlendahler Landwirt kann sich darin erinnern, wie vor gut 40 Jahren der Vater die jungen Fichten dort gepflanzt hat. „Ich dachte nicht, dass ich die Generation sein werde, die diese Bäume fällt. Zuerst hatte ich gehofft, nur die befallenen Bäume entnehmen zu müssen, doch der Förster hat mich überzeugt, dass der Bestand nicht zu retten ist, weil sich die Käfer bereits so stark vermehrt haben.“

Ein Weibchen setzt mehr als 100 000 Nachkommen in die Welt

„Aus der Brut eines Borkenkäferweibchens können in einer Vegetationsperiode bei drei Generationen weit mehr als 100 000 Nachkommen entstehen“, beschreibt Lothar Schnegelsberg vom Landesbetrieb Wald und Holz NRW die explosionsartige Verbreitung des Waldschädlings. Der Förster des Regionalforstamt Bergisches Land hat im Zusammenhang mit der Klimaerwärmung eine schlechte Nachricht: „Von der Fichte werden wir uns in dieser Gegend wohl komplett verabschieden müssen“, so der Leiter des Forstbetriebsbezirk Niederberg, der in Velbert und Wülfrath viele kleine Waldbesitzer betreut. Mit einem sogenannten Vollernter wurde damit begonnen, die Bäume zu fällen, bis die ergiebigen Regenfälle vor wenigen Wochen den Boden so durchweichten, dass die Maschine nicht mehr eingesetzt werden konnte.

Das Coronavirus wirkt sich auch auf den Forst aus: „Die Stämme sollen nach China gehen, aber wegen des Virus kriegen wir keine Container von dort. Das Kurzholz bleibt in Deutschland, es wird als als Spanholz verarbeitet.“ Die weit verbreitete Borkenkäferplage hat die Preise auf dem Holzmarkt in den Keller stürzen lassen: „Vor drei Jahren gab es noch rund 90 Euro für den Festmeter, jetzt noch um die 30 Euro, eine massive Belastung für die Waldbesitzer, die noch zusätzlich Geld in die Hand nehmen müssen. Es wird zwar vieles im Land gefördert, das reicht bei Weitem nicht aus.“ Aufgeforstet werden soll mit Eichen, Buchen und Nadelhölzern, die dem Borkenkäfer besser widerstehen, wie zum Beispiel Tannen oder Douglasien. „Erst schauen wir mal, was von Natur aus so kommt.“

Der vergangene Winter war ausgesprochen mild, aber selbst strenger Frost hätte die gefräßigen Raupen nicht dezimiert: Borkenkäfer sind sehr kälteresistent. Die Schädlinge überwintern als Käfer, Larve und Puppe unter der Rinde oder als Käfer im geschützten Bodenbereich. Larven und Jungkäfer fressen sich zwischen Borke und Splintholz durch den sogenannten Bast. Dabei durchtrennen sie jene Leitungsbahnen, mit denen die Baumwurzeln mit lebenswichtiger Nahrung versorgt werden, die in den Nadeln gebildet werden. Bei starkem Befall wird der Wassertransport in die Kronen so stark gestört, dass der Baum abstirbt.

Eine gesunde Fichte wehrt sich sich selbst: Das Einbohren löst einen Harzfluss aus, der einzelne Käfer tötet. Greifen viele Käfer an, so um die 200, kommt die Harzabwehr der Bäume zum Erliegen. Trockenperioden verringern die Abwehrkraft der Fichte zusätzlich, da zu wenig Wasser für die Harzproduktion vorhanden ist.