Velbert Dieses Babyglück überrascht selbst erfahrene Velberter Mediziner

Velbert · Nach der OP 2014 wegen Blasenextrophie hat Madina jetzt am Klinikum einen Sohn zur Welt gebracht.

Dr. Alexander Nordhues (v. l.), Leitender Oberarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin; Madina, frisch gebackene Mama, Dr. Gerd Degoutrie, Chefarzt der Frauenheilkunde und Geburtshilfe und Prof. Dr. Mark Goepel, Chefarzt der Klinik für Urologie und Nephrologie.

Foto: Helios Klnikum Niederberg/Helios

Madina ist glücklich und stolz als sie ihren niedlichen Sohn Sultan im Velberter Klinikum präsentiert. Auf den ersten Blick ahnt man nichts davon, was die 32-jährige Frau bis zu diesem Moment alles schon durchmachen musste. Die Kasachin litt seit ihrer Geburt an einer Fehlbildung des Beckens, Genitals und der Harnblase. 2014 wurde sie in Velbert deswegen operiert. Dass sie nun einen gesundes Kind zur Welt gebracht hat, überraschte auch die hiesigen Mediziner.

„Blasenextrophie“ lautete die Diagnose, bei der sich die vordere Bauchwand des ungeborenen Kindes im Mutterleib nicht richtig schließt und auch die Harnblase sich nicht zu einer Kugel entwickelt, sondern als Blasenplatte in der vorderen Bauchwand geöffnet bleibt. Der Urin fließt dabei unkontrolliert heraus. Auch der vordere Beckenknochen, das Schambein, wächst nicht zusammen, sodass sich das Genital normal entwickeln kann.

In ihrem Heimatland konnte man diese Fehlbildung nicht korrigieren. Nach der Geburt wurde lediglich ein Seitenausgang für den Urin angelegt und die junge Frau seither ein Beutelsystem (Urin-Stoma) tragen musste. Ihr sehnlichster Wunsch war die Veränderung dieser Situation. Als 25-jährige konnte sie sich, auf Vermittlung eines Unternehmers aus Herne, bei Prof. Dr. Mark Goepel, Chefarzt der Urologie des Helios Klinikums Niederberg, vorstellen. An der Robert-Koch-Straße wurde ihr erfolgreich eine Ersatzblase aus eigenem Darmgewebe angelegt – diese Technik nennt sich Ileozoekal-Pouch mit Appendixstoma. Die neue Blase wurde von innen mit dem Blinddarm an den Bauchnabel angeschlossen, sodass die Patientin sich fortan selbst katheterisieren kann und keinen Beutel mehr tragen muss. Dieses Ergebnis erleichtert Madina seither ihren Lebensalltag enorm.

Es vergingen fast sieben Jahre, bis der Urologe erneut von Madina hören sollte. Nicht etwa, weil die neue Blase nun Probleme machte oder ein erneuter Eingriff erforderlich gewesen wäre – im Gegenteil. Madina war indes schwanger geworden. Die Wahrscheinlichkeit je ein Kind zu bekommen, war für sie als sehr gering eingestuft worden, was das Glück noch verstärkte. Und da sie sich bei ihrem ersten Eingriff so gut betreut fühlte, wollte sie nun ein weiteres Mal den Rat der Velberter Spezialisten einholen und wissen, wie sie ihr Kind am besten zur Welt bringen könne, ohne dass die neu angelegte Blase Schaden nimmt.

Das Klinikum Niederberg arbeitet seit jeher interdisziplinär mit den Fachabteilungen eng zusammen und verfügt – mit der Geburtshilfe, der Kinderklinik und der Neonatologie – über eine große Expertise in dem Bereich. Nach einer vorbereitenden Untersuchung durch die Spezialisten der Urologie und der Geburtshilfe zu Beginn des Jahres, stand so schnell fest, dass die Geburt im Klinikum erfolgen sollte.

Dr. Degoutrie übernahm nun die Behandlung der Patientin und legte mit ihr den Zeitpunkt des Kaiserschnitts fest, denn eine natürliche Geburt war leider ausgeschlossen. Dieser wurde nach entsprechender Planung mit den urologischen und pädiatrischen Kollegen, Ende April durchgeführt. Aufgrund der anatomischen Verhältnisse der Mutter musste bei der Patientin eine Längseröffnung der Bauchdecke sowie eine Längseröffnung der Gebärmutter vorgenommen werden. Trotz dieser besonderen Umstände verlief die gesamte Operation komplikationslos und Madina brachte einen kleinen Jungen zur Welt. Sultan wog bei der Geburt 2195 Gramm und war 47 Zentimeter groß. Direkt nach dem Kaiserschnitt übernahmen ihn die Kinderärzte und Kinderintensivschwestern der neonatologischen Abteilung der Kinderklinik unter der Leitung des Oberarztes Dr. Alexander Nordhues.

Anfangs war Sultan aufgrund der Frühgeburtlichkeit von 36 plus zwei Schwangerschaftswochen und der Vollnarkose der Mutter noch sehr schlapp. Er zeigte eine Atemanpassungsstörung und musste daher für knapp 24 Stunden bei der Atmung unterstützt werden. Außerdem erhielt er für zwei Tage zusätzliche Flüssigkeit, da die Trinkmenge nicht ausreichte und er zunächst an Gewicht verlor. Seither entwickelt sich der kleine Mann prächtig, kann mittlerweile voll gestillt werden. Nach Abschluss aller Untersuchungen braucht es für Sultan nur noch einige Tage, bis er sein Reisegewicht erreicht hat und mit seiner Mama zurückfliegen kann.